Über das Stalking
Stalking ist eine Form der Nachstellung, bei der ein Täter sich auf sein Opfer fixiert.
Dabei sieht der Täter sich selbst überhaupt nicht als Täter, denn er meint, er hätte aufgrund vergangener Erlebnisse ein Recht darauf, dass sein Opfer ihm bestimmte Dienste erweist.
Online-Stalking ist relativ neu und unbekannt.
Und um diese Sonderform des Stalkings soll es heute gehen.
Wenn man das Opfer eines Stalkers wird, dann ist das zunächst nicht offen ersichtlich. Stalker leben davon, dass man sie nicht erkennt, sie quasi erstmal in der Tarnung sind. Besonders offensichtlich wird das, wenn man sich in einer Gruppe befindet.
Der Stalker ist hier erstmal ein witziges Kerlchen, macht jeden Spaß mit – doch insgeheim sondiert er die Gruppe. Nach seinen persönlichen Vorlieben bzw. Schemata. Es werden die Leute in eine Schublade gepackt, die er respektiert, andere die er vermeidet, und wieder andere triggern etwas bei ihm, das sind die, die er dann privat anhaut. Smalltalk halt.
Doch dabei bleibt es nicht. Die Gespräche werden intensiver, der Stalker fängt an, Forderungen zu stellen. Er blitzt ab. Und es kommt zum Streit. Wenn er merkt, dass sein potenzielles Opfer sich an der Stelle nicht einschüchtern läßt, wird er schnell einlenken und erstmal ist an der Oberfläche alles wieder gut.
Doch er gibt nicht auf. Und so fängt er wieder an, Forderungen zu stellen. Er will Adressen haben. Er will persönliche Bilder haben. Und wenn er die nicht bekommt, reagiert er beleidigt. Er setzt das Mittel der emotionalen Erpressung ein, um an seinen „Stoff“ zu kommen. Details aus dem Leben der von ihm aufs Podest gehobenen.
Ich nutze hier Er = Täter, Sie = Opfer, doch diese Mechanismen funktionieren andersherum ganz genauso. Nebenbei erwähnt.
Stalker suchen sich ihre Opfer in der Regel sehr gut aus. Sie suchen sich Menschen, die selbst wenig Selbstbewußtsein haben und vor allem Menschen, die keine klaren Signale in Richtung „ich will das nicht“ aussenden. In der Folge passiert es dann oft, dass sie dann die Aussagen einfach bewußt wörtlich nehmen, so dass sie das unausgesprochene „du machst mir Angst, lass mich in Ruhe“ nicht wahrnehmen müssen.
Denn diese Täter arbeiten auch knallhart und berechnend mit der Mitleidsmasche. „Ich hatte eine schwere Kindheit“ ist für sie die Ausrede, dass sie mit allen Zumutungen durchkommen. Wenn sie dann auf eine Frau treffen, die Sympathie und Mitleid hat, die ihm dann nicht auch noch die Tür zuschlagen möchte, weil es ihm ja schon so schlecht geht: Dann nutzt er das eisenhart aus. Ohne jegliche Skrupel.
Warum sollte er die auch haben? Es ist doch sein Recht, sich diesem Menschen zu nähern. Es ist doch sein Recht, diese Informationen zu erhalten, denn schließlich macht er sich doch nur Sorgen. Und er möchte doch nur helfen.
Unter diesem Deckmantel des „nur helfen wollens“ und „etwas gutes tun“ verbergen sich knallharte Eigeninteressen. Der Stalker möchte die Zahl der im Internet limitierten Zugänge zu seinem Opfer erhöhen. Indem er Adressen erhält. Indem er Telefonnummern erhält.
Macht das Opfer dicht, weil der Täter ihm wirklich Angst macht, dann schlägt der Stalker zu. Er nutzt alle Möglichkeiten, die er hat, um das Opfer umzustimmen und schreckt weder vor massiven verbalen Angriffen bis hin zur Drohung einer Strafanzeige zurück, noch davor, sein Opfer mit allen möglichen Dingen zu fluten:
Mails, Telefonanrufe, SMS: Was immer der Stalker im Vorfeld an Informationen ausgraben konnte, wird er nutzen, um die Zurückweisung, die das Opfer ihm hat angedeihen lassen, sofort rückgängig zu machen.
Wie kann man also vorgehen?
Es gibt ein paar grundlegende Handlungsanweisungen, die eigentlich immer gelten: Gebt nichts preis.
Keine Adressen, keine Telefonnummern, nichts. Nichts persönliches, keine Bilder: Wenn ihr kein gutes Gefühl dabei habt, tut das nicht.
Vor allem dann nicht, wenn ihr minderjährig seid. Vertraut keinem an der Stelle, fragt notfalls einen Erwachsenen, was er davon hält.
Wenn ihr Angst bekommt: Sucht euch Vertraute. Fragt, ob euer Gefühl stimmt. Schützt den Stalker nicht: Darauf zählt der Täter.
Und vor allem: IHR SEID NICHT SCHULD. Es ist der Täter, der völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Der jeden Informationsfitzelchen nutzt, um klarzumachen, dass er nur so und nicht anders handeln konnte, weil ihr ihm die entsprechenden Signale gegeben habt.
Von daher: Klarheit. Wenn ihr etwas nicht wollt: Tut es nicht. Sagt es auch. Macht euch keine Gedanken darüber, ob ihr jemanden verletzt: Hier geht Selbstschutz vor.
Jemand, der es ehrlich meint mit euch wird nicht fies reagieren, wenn er nach der Anschrift fragt und ihr sie nicht rausrücken möchtet. Er wird sagen: „Verstehe ich.“ und das Thema fallenlassen und sich nicht anders verhalten.
Und wichtig, existenziell wichtig ist: Macht klare Ansagen. Wenn ihr etwas nicht wollt, dann reicht ein „Ich will das nicht.“ – je nach Art des Übergriffs mehr oder weniger höflich.
Und spätestens dann scheidet sich die Spreu vom Weizen. Ein potenzieller Stalker wird diese Zurückweisung nicht akzeptieren. Er wird das Thema vorübergehend fallenlassen, aber frei nach dem Motto: „Dicke Bretter bohren sich am besten“ wird er unweigerlich irgendwann darauf zurückkommen.
Handelt nach dem Bauchgefühl. Wenn euch etwas unheimlich vorkommt, ist es das meist auch. Und dann brecht im Zweifel den Kontakt lieber ab.
Für denjenigen, der auf einmal vor einer Wand steht und sich fragen muss, was er denn wohl falsch gemacht hat, ist das unendlich frustrierend. Aber nochmal: Jemand, der normal tickt, würde das traurig, verwirrt und vielleicht ein bisschen beleidigt akzeptieren.
Ein Stalker dreht jetzt erst richtig auf.
Und nochwas: Mit Stalkern verhandelt man nicht. Man blockt sie, man schließt sie aus, man ignoriert sie. Man gibt ihnen kein Futter. Eigentlich ist dieser Artikel schon mehr, als ein Stalker bekommen sollte.
Verhandelt nicht: Blockt. Appelliert nicht an die Vernunft: Ignoriert sie.
Diese Menschen sind Vernunftargumenten nicht mehr zugänglich. Sie haben ausgemacht, dass sie ein Recht auf bestimmte Dinge haben und dieses Recht fordern sie ein. Mit allen Mitteln. Es gibt keine Verhandlungen mit Stalkern. Es gibt nur ein: Schluß jetzt. Und zwar JETZT. Und zwar ohne, dass es eine Möglichkeit für den Täter gibt, dass er sich aus der Nummer rausentschuldigen kann.
„Hör sofort auf, mir nachzustellen. Ich will keinen Kontakt mehr mit dir.“
Und danach konsequent nicht mehr antworten, alles blocken, alles zumachen. Telefonnummern wechseln, wenn die herausgegeben wurde. Stück für Stück jeden Kommunikationskanal des Täters zumachen.
Und wenn das alles nicht hilft: Strafanzeige.
Denn Stalking ist strafbar. Zu Recht.
Veröffentlicht am 20. Dezember 2013, in Nachdenkliches. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 3 Kommentare.
„Online-Stalking ist relativ neu und unbekannt.“
Definiere „relativ neu“ – ich kenne das seit mindestens fünf Jahren.
Aber laut Kanzlerin ist das Internet ja für uns alle* Neuland.
*Anmerkung: Ich bin seit 1997 online 😀
Na ja, 5 Jahre sind – auf ein Leben bezogen – nicht so viel. Leider kenne ich sowohl den Begriff als auch das, was da ablaufen kann, schon länger… 😦
Obwohl es die Anfänge schon vor dem Web 2.0 gab, ist es der breiten Masse erst seit … hm… ja weniger als 5 Jahren bekannt.
Mir ist solches Verhalten (im real live)
aus persönlicher Erfahrung in der eigenen Umgebung seit ca. ’76 bekannt. Damals hieß es noch nicht so, lief aber auf’s gleiche hinaus.