Über Komikernationen
Erinnert sich noch einer an 2012? Den Paragraphen 1631 d BGB, der den Gleichbehandlungsgrundsatz im Grundgesetz massiv verletzt? Nein?
Begründung für das Ding damals war: Religionsfreiheit. Die Eltern sollten nach Belieben an ihren Kindern herumschnippeln dürfen, wenn es Jungs waren. Mädchen natürlich nicht, das ist was ganz anderes.
Insbesondere mit Blick auf die Juden und dem „grassierendem Antisemitismus“ der Beschneidungsgegner wurde das verabschiedet.
Mann, müssen sich die Juden nach der Echo-Verleihung hier aber willkommen und sicher fühlen. Ich rante mal ein wenig.
Ich habe Merkels „Komikernation“ nicht vergessen als man ihr antrug, dass Urteil des Kölner Gerichts zu akzeptieren und die Beschneidung mal in Deutschland ad acta zu legen.
Bei Mädchen längst Realität, sind Jungs nach wie vor völlig ungeschützt. Wenns den Eltern so gefällt: „Darfs ein bisschen mehr sein? Wenn wir das Frenulum auch mit rausschälen, merkt er hinterher garantiert nix mehr“
„Aber natürlich. Bitte alles weg. Aber machen sies hübsch.“
Begründet wurde das mit Deutschlands Historie und einem „nie wieder“ was Judenverfolgung angeht. Außerdem sollte so dem Antisemitismus Einhalt geboten werden.
Zeitsprung. 2018.
Viktor Orban ist Chef in Ungarn. Die Pressefreiheit ist dort seit Jahren abgeschafft, freie Journalisten werden verfolgt. Orban fällt immer wieder durch Antisemitische Verschwörungstheorien auf, die gerne in rechtsextremen Kreisen zirkulieren. Z.b. das unfassbar dumme Zeug, was über George Soros so verbreitet wird: Orban teilt es eifrig und spinnt die Legenden weiter.
George Soros ist ein Philantrop und wendet eine Menge Geld auf, um Menschen zu helfen. Das sind aber nicht die Menschen, denen die Rechten gerne geholfen hätten. Sondern die, die wirklich Hilfe brauchen. Und so ist George Soros ein beliebtes Ziel, an dem sich die Neue Rechte abarbeitet. Teils mit so abstrusem Müll, dass es schon wehtut, da mitzulesen.
Natürlich darf Deutschland diesem Treiben nicht zusehen, wir werden ja zur Komikernation. Ein Viktor Orban, der antisemitischen Wahlkampf führt, dass ist nichts, was Politiker hierzulande dulden.
Hans-Peter Friedrich zum Beispiel. Ein renommierter Politiker, der auf jeden Fall…ups?
Dann Horst Seehofer? Nee, auch nicht.
Wenn Gesetze billiger sind als politischer Anstand, haben wir ein Problem in Deutschland. Die große Mehrzahl der Leute hier will friedlich leben. Die ständige Angstschürerei trägt reiche Früchte, vor allem da, wo man nicht im täglichen Umgang sieht, dass es eben auch anders geht. Dass die Leute hier sehr wohl integriert werden können, wenn man sie denn nur läßt.
Das Tüpfelchen auf dem „i“ war aber die Verleihung des Echos an Kollegah und Konsorten. Völlig egal, wieviel Platten die verkauft haben – für eine Preisverleihung an einen Musiker lege ich höhere Standards an als irgendwelche Plattenverkäufe.
Es ist ja nicht nur der grassierende Antisemitismus von diesem halbseidenen Möchtegernmusiker. Es ist auch die galoppierende Frauenfeindlichkeit, das alberne „gedisse“, das kindische „ich hab ein Beef mit xx“, damit man wieder eine Platte machen kann (gestandene Musiker schaffen das ohne diesen Kinderkram, was wünsche ich mir David Bowie gerade zurück). „Gangsta-Rap“ – und so die Kinder verführen.
Juden in Deutschland fallen wenig auf, nur wenige tragen Tefilim oder den Tallit in der Öffentlichkeit.
Und nach dem offen zur Schau getragenen Antisemitismus der Echo-Verleihung sowie der öffentlich zur Schau getragenen Ignoranz des ungarischen und polnischen (die wollen wir hier ja nicht vergessen, ja?) Antisemitismus UND der Anbiederung von CDU/CSU an die AfD, weil man hier mögliche Koalitionspartner sieht, kann man nur sagen:
Ja, wir sind eine Komikernation. Beschneidung erlauben aber wenns dann auf Eier ankommt zum Aufstehen gegen Antisemitismus sind die Antisemiten plötzlich wieder die besten Freunde.
Das ist für mich die Definition der Komikernation. Sieht übrigens auch Georg Dietz so.
Veröffentlicht am 15. April 2018, in Innenpolitisches, politisches, Wütendes. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. Ein Kommentar.
Schade nur, dass ich nicht über diesen Mist lachen kann.
Obwohl’s lächerlich ist.
Körperliche Unversehrtheit, ja, aber nur wenn da nichts religiöses gegen spricht.
Antisemitismus ist kagge, außer wenn’s in ’nem Lied ist, künstlerische Freiheit, wissen schon.
Sagte man solches wie in dem Lied auf offener Straße, dürfte man mit Gewissheit davon ausgehen können, angezeigt zu werden!
Krümmt man ’nem Kind auch nur ein Haar, und jemand ist Zeuge, so darf man auch hier eine Anzeige erwarten.
Also ja, doch, Du hast Recht, es ist urkomisch.
Ich geh jetzt zum Lachen trotzdem in den Keller, man weiß ja nie…
PS: Wer Sarkasmus findet, hat Glück gehabt 😉