Jugend forscht – ganz unwissenschaftlich


Gut, man muss bei „Jugend forscht“ einige Abstriche machen. Aber beim diesjährigen Gewinner, einer jungen Frau, die Bienenstöcke per Homöopathie heilen wollte, hat man wirklich *jeden* wissenschaftlichen Ansatz über Bord geworfen.

Liebe Leute, gehts noch?

Der Kritikpunkte sind da viele. Nicht alle hätte die junge Frau leisten können, das sind dann die Abstriche, die man bei „Jugend Forscht“ einfach machen müsste.

1. Die Bienenstudie war nicht verblindet.

Das bedeutet, dass derjenige, der die Mittelchen da verabreicht hat, sehr genau wußte, ob er Placebo oder wirksames Zeug verabreicht. Das alleine beeinflusst die Studie bereits. Und zwar nicht unerheblich.

Denn den Placebo-Effekt bei Tieren gibt es sehr wohl.

Das ist aber der Punkt, den Nora nicht leisten konnte – kann man also übersehen, wenn auch mit Zähneknirschen.

2. Nora Willmerings Onkel stellt Homöopathika her. Das nennt man leider confirmation bias – Nora Willmering war aufgrund der verwandtschaftlichen Situation nicht mehr neutral pro Homöopathika. Sie erwartete, dass die Mittel eine bestimmte Wirkung haben, also wird in der Studie bestätigt, dass die Homöopathika wirken.

Mit dem Verwandtschaftsverhältnis ist die Studie völlig wertlos geworden. Nora Willmering hat hier nicht mehr neutral geforscht, sondern mit dem Ziel: „Will bestätigen, dass es wirkt“.

3. 6 Stöcke, 3 davon Placebo-Stöcke, 3 mit Mittelchen, sind zuwenig, um eine aussagekräftige Studie zu formulieren. Das äußerste, was hätte rauskommen dürfen bei den wenigen Stöcken, wäre: „Da muss noch mehr geforscht werden“

4. Aus den Veröffentlichungen ist nicht erkennbar, ob Frau Willmering ausgeschlossen hat, dass die Verbesserung des Bienenzustandes aufgrund der zusätzlichen Zuckergaben erfolgte. Bienen werden mit Zuckerwasser zugefüttert, wenn man ihnen den Honig klaut. Wenn Bienenstöcke aufgrund der problematischen Umwelt (wenig geeignete Blütenpflanzen) nur wenig Honig produzieren, dann kann die zusätzliche Zuckergabe sehr wohl lebensrettend für den Stock sein, respektive sehr wohl die Verhältnisse entscheidend verbessern.

5. Frau Willmering hat sich nicht an die „klassische Homöopathie“ gehalten, sondern ein eigenes „Mittel“ entwickelt, dass sie „T-100“ nennt, die Chancen stehen ganz gut, dass es ein Mittel ist, dass der Onkel herstellt.

Damit ist nicht nur die Studie über der Wupper, auch ihre Reputation als ernstzunehmende Forscherin ist zerstört. Und Jugend forscht hat sich auf geradezu schmerzhafte Weise lächerlich gemacht.

Die Studie hätte nicht einmal die Eingangsprüfung zu „Jugend forscht“ überstehen dürfen.

Wieso?

Wenn jemand knallharte wirtschaftliche Interessen hat, ein bestimmtes Mittel mit einem Wirksamkeitsnachweis zu versehen, dann WIRD das Mittel in jeder seiner Studien wirken. Und die liegen hier nun mal vor bzw. können nicht mit hinreichender Zuverlässigkeit ausgeschlossen werden. Die Studie ist Schrott, weil das Ergebnis feststand und nur bestätigt werden sollte – so funktioniert das aber nicht.

Ich würde gerne wissen, wer der Onkel ist und was er herstellt. Ich hab versucht, hinterher zu googeln, aber das hat wenig funktioniert, ich bin allerdings des öfteren auf „Homöopathie Fuchs“ gestoßen, das ist möglicherweise die Firma des Onkels, die tatsächlich eine „T-100“ „Potenzierung“ vornimmt.

Das war echt ne Bankrotterklärung von „Jugend forscht“ – gabs da echt keine besseren, seriösere Projekte?

Danke an Dr. Kall für die Infos 😉

Veröffentlicht am 1. Juni 2015, in Allgemein. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 15 Kommentare.

  1. T 100. Kinderkram.
    Hier, T 800:

  2. Soo, mit ein Grund warum sich da schwer was suchen lässt ist, das die Dame nicht Willmering sondern Willmaring heißt 😉

    Gut das der Homöopathiefuchs auch passende Globuli im Angebot hat APIS MELLIFICA D also homogenisiertes Bienengift aus.
    Ich zitiere mal von anderer Stelle:

    Wenn da bei der Studie ein paar Bienen das nicht vertragen haben, können sie ja trotzdem den Homöopathen dienen.

    Bei solchen Konstellationen kann man sich auch vorstellen das der Onkel da ein bisschen geholfen hat damit das auch alles in geordneten Bahnen verläuft. Wie bei Eltern die den Kindern die Projekte abnehmen.

    Irgendwie bin ich auch zu unforsch um die Projektbeschreibung zu finden, aber ich nehme doch mal den Begriff „Mumpitz“ zur Hand.

    Aber ich hab wohl leider auch in der erweiterten Bekanntschaft/Verwandschaft solche Spezialisten, wo ja hier auch gleich Hahnemanns Wirkungsort gleich um die Ecke liegt.

    • Arr ich bin auch zu doof zum richtig zitieren, blöde Tags.

      Soo das doofe Zitat:

      In der Homöopathie wird für die Substanz Apis nicht nur das Bienengift, sondern die ganze Biene verarbeitet.

  3. Wenn man die Eierstöcke nicht hoch genug bewertet, dann kriegt man die politisch korrekte Quote nicht gerettet.

    …duckundwech…

  4. Bitte bei der Einordnung bedenken: Das ist eine Landessiegerin (von 16) in einem Bereich (von sieben). Auf Bundesebene ist sie nicht unter den ersten fünf im Bereich Biologie, hat einen dieser Sonder-„Trost“preise bekommen: http://www.jugend-forscht.de/fileadmin/user_upload/Downloadcenter/Bundeswettbewerb/Preistraeger_Jugend_forscht_2015.pdf

    Sicher sind nicht alle Arbeiten auf besonders hohem Niveau, aber das ist die Realität der Wissenschaft 😉

    MfG, Arno

    • Das ist zwar im Prinzip richtig, und es handelt sich hier nach der Einteilung von Jugend forscht um „Biologie“. Die Biologen wiederum haben’s im allgemeinen nicht so mit Verblindung, sondern arbeiten eher mit „Kontrollen“, bei denen sie durchaus wissen, was Wirkstoff bekommt und was nicht. Ich weiß´das schon, denn ich bin selbst einer, wenn auch nicht mehr forschend aktiv.
      NUR: Das Thema ist aber eigentlich ein tiermedizinisches, und daher haben eigentlich auch Regeln medizinischer Forschung zu gelten, bei Menschen wie bei Tieren.
      Außerdem handelt es sich um den Versuch eines Wirkungsnachweises (mit nicht zu übersehenden wirtschaftlichen Interessen des Onkels), an den besonder harte Kriterien zu stellen sind, weil bei Homöopathie grundsätzlich zunächst anzunehmen ist, dass die Wirkung in erheblichen Maße auf die Behandlung selbst und nicht auf das „Medikament“ zurückzuführen ist. Da ist ein Behandler, der weiß, ob er mit gerade Verum oder Placebo arbeitet, definitv nicht unvoreingenommen bei dem, was er tut.
      Daher ist die Untersuchung im eigentlich intendierten Sinne wertlos und als Wirkungsnachweis unbrauchbar. Und aus dem gleichen Grunde darf man sie auch unter Berücksichtigung der sicher geringeren Ansprüche bei Jugend forscht im Vergleich zu universitärer Wissenschaft eben nicht als einen solchen erbrachten Wirkungsnachweis verkaufen, was aber auch auf der offiziellen Seite von Jugend forscht so geschehen ist.
      Und das ist der eigentliche Skandal, oder sagen wir das Skandälchen, das sich aber wieder mal in die grundsätzlich von fehlendem Verständnis für wissenschaftliches Arbeiten geprägten untauglichen Versuche der Homöopathielobby einreiht, eine irgendwie *auf den Präparaten selbst* beruhende Wirkung nachzuweisen.

  5. Sehr schön passend dazu – die Siencebusters – ab 18min, 6sec:

    😉
    Gruß,
    Matti

  6. Also ich find’s in Ordnung. (So sieht die Jugend beizeiten, wie Forschung gekauft wird. Lehrreich.)

  1. Pingback: Weltsensation bei Jugend forscht: Homöopathie hilft kranken Bienen @ gwup | die skeptiker

warf folgenden Kuchen auf den Teller

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