Obdachlosigkeit
Wer obdachlos ist, ist in dieser Gesellschaft an den Rand gedrückt. Obdachlose haben nur eine kleine Lobby und die wenige Hilfe die es gibt, versickert oft in den Hilfsorganisationen.
Direkte Projektfinanzierung, die Leute von der Straße zu holen gibt es nicht viele. Wärmestuben sind chronisch unterfinanziert. Sie bringen ja auch nichts außer Nächstenliebe.
Obdachlose geraten nicht in die Situation, weil sie mit beiden Beinen im Leben stehen. Wer obdachlos geworden ist, hat eine Geschichte und es ist nur zu häufig eine Geschichte, die kein Happy End hat.
Aber manchmal eben doch.
Carlos Santana ist ein außergewöhnlicher Musiker, der mit ebenso außergewöhnlichen Musikern zusammengearbeitet hat. Einer von ihnen war Marcus Malone, Percussion und Komposition.
1968, einige Tage vor dem Woodstock Konzert, verließ Marcus Malone die Band. Mehr oder weniger unfreiwillig, er wurde wegen Totschlags verhaftet. Der Kontakt zu Santana riß ab und Marcus Malone war verschwunden. Das ist jetzt fast 45 Jahre her. Jede Strafe dürfte er abgesessen haben.
Ein Journalist interviewte einen Obdachlosen auf der Straße und hörte eine eigentlich unglaubliche Story. Er sei Marcus Malone und nicht ohne Stolz sagte er: „Ich hab mal mit Carlos Santana gespielt“.
Unglaublich – und doch wahr. Die schönsten Geschichten schreibt das Leben. Und Carlos Santana hat sich nicht mit Grausen oder Ekel abgewendet. Er will versuchen, seinen Bandkollegen von der Straße zu holen. Er lebt jetzt 40 Jahre als Obdachloser, das verändert Menschen und die Chancen sind gut, dass er nie wieder in der Lage sein wird, einem geregelten Leben nachzugehen.
Doch den Versuch will er unternehmen. Er, der Multimillionär, macht den Weihnachtsmann für einen alten Bandkameraden, dessen Lebensweg sich so anders entwickelt hat.
Und abseits allen Zynismus („das macht der doch nur aus PR-Zwecken“) ist das einfach eine schöne Geste und zeigt, dass der Mann Mensch geblieben ist.
Hier kann man seine Percussion in action hören. Danke an Dr. Kall, für Link und Idee.
Veröffentlicht am 23. Dezember 2013, in Daily Good News. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 9 Kommentare.
Ja, nette Geste das, aber auch nicht mehr.
Was hätt er machen sollen?
Weiß nicht!
’n Bier trinken vielleicht.
😀
Oller Misanthrop.
Was wirklich passieren wird oder nicht, wissen wir nicht. Noch nicht einmal was wirklich passiert ist. Auch nicht, ob es das Album geben wird, ob Malone überhaupt noch in der Lage sein wird, bei den Aufnahmen mitzuhalten.
Vielleicht HAT Santana auch noch ein Bierchen geschlabbert mit dem alten Bandmitglied, weiß man’s? Was kann man als Reporter, der in dem kurzen Clip auch ein bisschen Reklame für sich selbst machen will, unterbringen?
Warten wir’s einfach mal ab. Santana hat eigentlich keine billige PR mehr nötig, und wer den älteren Santana mit anderen zusammen auf der Bühne beobachtet, merkt das auch daran, wie er sich eigentlich nie in den Vordergrund drängt und einfach nur Spaß am Spielen hat.
Ein Apartment und was anzuziehen will er dem alten Mann besorgen. Wer weiß, ob der’s überhaupt noch brauchen kann, ob er sich überhaupt noch daran gewöhnen kann, nicht mehr in seinem vergammelten Wohnwagen zu leben. Was man über Jahrzehnte gelernt hat, verlernt man nicht so leicht wieder. (Eigene Erfahrung). Vielleicht freut er sich aber auch tierisch und genießt es aus dem Loch auszuziehen. Vielleicht würde er sich auch freuen, wenn ihm jemand die Sanierung seiner Kauladen finanziert.
Man könnte meinen, Santana könnte ihm von seiner Kohle einfach mal ein paar 100 Tausend $ abgeben. Vermutlich würde ihm das in der Tat kaum wehtun und wäre vielleicht sogar berechtigt, da er doch ohne Malone vielleicht nie diesen weltberühmten Stil gefunden und so viel Geld gemacht hätte. Aber wäre das sinnvoll? Wohl eher nicht.
Vielleicht sollte er ihn jetzt wöchentlich besuchen, sich um ihn kümmern? Aber kann er das in seiner Situation überhaupt, geht das bei einer mehr oder weniger öffentlichen Person? Wäre das überhaupt sinnvoll für den alten Mann?
Es gibt so viele Möglichkeiten, die man sich ausdenken könnte, die auf den ersten Blick nur gerecht und toll erscheinen, die aber beim zweiten Hinsehen gar nicht mehr so sinnvoll sind.
Aber da ich erstmal vom guten im Menschen Santana ausgehe, glaube ich, er wird sich doch ein paar Gedanken machen, wie er dem alten Kumpel *sinnvoll* helfen kann ohne ihn aus seiner Bahn zu werfen. Ich hoffe es jedenfalls sehr. Wäre wie Weihnachten.
Santana ist seit Jahrzehnten über eine Stiftung sozial engagiert. Warum sollte das ein PR-Gag sein. Und ja, da muss mit Augenmaß geholfen werden.
Es gibt richtige Hilfe und es gibt gut gemeinte Hilfe. Und ich traue dem Mann schon zu, zwischen beidem zu unterscheiden.
Euer Wort in Gottes Ohr!
😀
Obdachlosigkeit (generell Wohnungslosigkeit) ist in Europa auch noch eine andere als in den USA oder Südamerika. Den Unterschied muss man da schon machen. In den USA ist es üblich über die Wohnungslosen hinweg zu steigen, würde jeder von uns auch machen, da diese dort unzählig sind. Das ist nicht vergleichbar mit der Situation der Wohnungslosen in Deutschland. Habe während meines Studiums der Sozialarbeit in einem Wohnungslosenheim in Braunschweig gearbeitet, welches vom Land finanziert wird, was bedeutet, nur durchreisende werden aufgenommen. In den USA gibt es so etwas vergleichbares nicht. Irgendwann grenzt sich jeder so ab, und steigt über die Menschen halt hinweg. Reiner Selbstschutz.
Hallo Michael, das mit den Durchreisenden hat sich nun auch seit Jahren geändert. Menschen die wohnungslos sind oder von Wohnungslosigkeit bedroht sind können aufgenommen werden. Im Gegensatz zu früher können auch die Menschen aus der Umgebung aufgenommen werden. das heisst entweder ambulant oder stationär gemäss §§ 67 – 69 SGB XII.