Der Preis des Reichtums


Wir leben eigentlich trotz HartzIV noch wie die Made im Speck. Ja, vieles ist verbesserungswürdig, vieles grenzt an Verletzung von Menschenrechten bzw. hat diese Grenze bereits überschritten.

Aber Zwangsarbeit ist gesetzlich verboten und wird verfolgt. Und grundsätzlich muss niemand verhungern. Dafür sorgt die Gesellschaft. Wie gesagt, es gibt Verbesserungsmöglichkeiten und das nicht zu knapp, aber:

Das sind die Grundsätze.

Anderswo sieht das deutlich anders aus.

Die Arbeitsbedingungen in Bangladesh sind berüchtigt. Das Foto, dass ein Paar in enger Umarmung zeigt, gestorben bei einem Fabrikeinsturz, ging um die Welt.

Getan hat sich… natürlich nichts.

Doch selbst die Hungerlöhne der Bangladeshi sind oftmals noch zu hoch für den nicht enden wollenden Hunger an billiger Kleidung.

Als neuestes steht Primark in der Kritik, die Billigkleidung in China einkaufen, die offensichtlich dort in den Gefängnissen von Gefangenen genäht wird. Die Aufseher überwachen die Arbeiten der Gefangenen und verdienen sich so ganz gut einen Batzen nebenher. Die Verhältnisse sind so furchtbar, dass offenbar einer der Gefangenen einen Hilferuf in eine Jeans genäht hat.

Unglaublich? Nein. Bei den MMOs ist das Problem bereits seit längerem bekannt. Wenn man Gold für ein Spiel auf einer Webseite kauft, kann man sicher sein, dass man hier ein paar Euro für die Sklavenarbeit eines Gefangenen hinlegt.

Spielt ein Gefangener nicht mit, hat er ein Problem. Er WIRD mitspielen. Buchstäblich. Wenn nicht freiwillig, so gezwungen. Wer Gold außerhalb des Spiels kauft, unterstützt Goldfarmer. Und damit unterstützt er NICHT diejenigen, die da hocken und farmen.

Diablo3 geht hier den Weg und hat Goldkäufe unmöglich gemacht. Alles, was du lootest bleibt bestenfalls auf deinem Account, meist aber direkt beim Charakter. World of Warcraft geht recht rigoros gegen Goldfarmer vor (ich erinnere mich an einen Vorfall, wo zwei freche Druidenkatzen einen Goldfarmbot gegankt haben, d.h. immer wieder umgeklopft in dem Moment wo er aufgestanden ist. Bis der Hexenmeister-GM vor uns stand und meinte „ich würde den gerne aus dem Verkehr ziehen, das geht aber nicht, wenn ihr den immer umhaut. Lasst das.“ *g*). Wenigstens war das ein Bot und keine reale arme Sau.

Was kann man tun? Für Online-Spiele ist die Antwort einfach: Nichts beim Goldfarmer kaufen. Webseiten, die günstiger als der Verkaufspreis des Herstellers sind, sind zwar schön und gut, aber meist nicht wirklich sauber.

Kein Gold kaufen oder andere Währung außerhalb des vom Hersteller vorgesehenen Platzes. Keine Level“services“ einkaufen, levelt euren Char gefälligst selbst. Einfache Regeln, an die man sich schon der Fairness halber halten sollte.

Und Kleidung? Hier ist die Antwort nicht ganz so einfach. Kleidung braucht der Mensch, Währung in Spielen ist Luxus. Aber es gilt gerade bei der Billigkleidung: Billig eingekauft hält nicht lange. Lieber etwas ansparen, dafür hochwertige Sachen kaufen und vorher checken, woher der Laden seine Waren bezieht. Kik ist zwar schön billig, aber eine Jeans hält maximal ein Jahr, dann ist sie durch, der Stoff mürbe.

Meine Levis hab ich jetzt schon 4 Jahre und sieht aus wie neu. Der höhere Einkaufspreis hat sich hier eindeutig gerechnet.

Ulla Popken ist teuer, aber meine Tunika von dort habe ich jetzt 6 Jahre – passt immer noch und ist vom Waschen nur ein wenig ausgeblichen. Ist aber nach wie vor in Form und hat sich nicht verändert. Wenn ich die schwarz nachfärbe ist wieder alles gut.

Das geht endlos so.

Man hat dann vielleicht nicht mehr so viele Dinge im Schrank – aber die braucht man doch eigentlich auch nicht. Wenige Dinge, die sich gut kombinieren lassen und haltbar sind, sind immer noch besser als viele Klamotten, die den Schrank vollstopfen und letztlich nach kurzer Zeit ersetzt werden müssen.

Die großen Firmen werden die Lebens- und Arbeitsbedingungen der chinesischen Gefangenen und der Bangladeshi nicht verändern. Das müssen wir tun.

Jeder einzelne von uns.

Und dann bleibt einem vielleicht nicht mehr das Lachen im Halse stecken, wenn man auf Satire stößt.

Veröffentlicht am 27. Juni 2014, in Nachdenkliches. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 14 Kommentare.

  1. Die Sache hat noch einen leicht widerlichen Turn dazubekommen. Allen Anzeichen nach ist es nicht viel mehr als eine Inszenierung eines Mitbewerberkonzerns, der Primark für etwas anschwärzt, was er selbst tut. Kaum ein Näher im Textilgulag hätte Zeit und Material, um Botschaften in Schönschrift auf Stoffresten zu hinterlassen, ganz davon abgesehen versteht keiner von ihnen Englisch. Falls sie nicht sowieso zu den ca. 90% Analphabeten unter den Arbeitern gehören.

    Die Medien haben es bereitwillig aufgegriffen – sehr schnell, vollkommen unkritisch und trotz dürftiger Faktenlage nahezu gleichlautend. Sie haben nicht recherchiert, sie haben nachgeplappert, was die Agentur herausbrachte, die diese Kampagne angeheizt hat. Noch bevor alle Botschaften sämtlicher Lieferungen seit 2011 zufällig in Großbritannien gefunden wurden.

    Die Textilarbeiter in Bangladesch und China werden strengere, entwürdigende Sicherheitskontrollen erdulden müssen, aber mehr wird aus diesem Gerempel unter Konkurrenten nicht folgen. Hauptsache, der Aktienkurs schließt fest.

  2. aussichteinsicht

    Glaubt bitte nicht, dass die Nobelmarken nicht in China/Indien/Bangladesh etc. einkaufen.
    Das Grundmaterial mag vielleicht besser sein – ich glaube aber kaum, dass eine Näherin am Nobelmarkenband mehr Geld bekommt als die am Kik-Band nebenan…

    • Man muss wohl zwischen „Nobel“marken im allgemeinen und denen unterscheiden, deren Preise wirklich wegen dem Versuch ihre Klamotten unter halbwegs akzeptablen Bedingungen produzieren zu lassen etwas höher sind, wobei es übrigens weniger auf das Produktionsland (ich nehme Deutschland selbst mal aus) sondern auf effektive Kontrolle ankommt.

      Ich erinnere mich noch an eine Aktion, die schon etwas länger her ist (2006 Sommermärchen 😉 ), bei der ein Kunde von mir ein Angebot über eine WIRKLICH große Menge (> 100.000 St.) personalisierter Promotiontextilien abzugeben hatte. Zum einen inklusive Leiferung der Textilien nach gegebenen Spezifikationen und zum alternativ nur die Veredelung hier in D. Da wurde auch um jeden Cent gefeilscht und es gab ein Angebot aus China für ca. 1,40 EUR netto/St. für doch relativ aufwändig verarbeitete Teile (eingenähte farbige Streifen, diverse Applikationen, gesticktes Logo vorn ect.).

      Da an der Aktion neben dem eigentlich Werbenden auch ein großer deutscher Sportartikler als Sponsor beteiligt war, gab der für die Lieferung der Klamotten auch ein Angebot ab, was zwar deutlich teurer aber letztlich wegen des Sponsorngs für den Werbenden dann billiger war.

      Deutscher Sportartikler mochte offiziell nicht glauben, dass die Ware zu dem von meinem Kunden angebotenen Preis in der geforderten Ausstattung lieferbar sei, was sie aber tatsächlich gewesen wäre. Erkundigungen vor Ort in China ergaben dann, dass Deutscher Sportartikler von exakt der selben Firma beliefert wurde, die meinem Kunden das Angbot gemacht hatte, und dass die Teile in exakt den selben übers Land verteilten Nähereien genäht worden wären. Ich kann mir kaum vorstellen, dass der Hersteller den Näherinnnen mehr bezahlt, nur weil es sich um einen bekannten Sportartikler handelt, dessen Ware normalerweise mit Aufschlägen um 700-1000% hier in den Handel geht, wobei man fairerweise sagen muss, dass die letzten 80-100% auf der Stufe zwischen hiesigem Lieferanten und Einzelhandel üblich und vertretbar sind. Ob die Spannen, die weiter vorn verdient werden, noch vertretbar sind, ist eine andere Frage, mit der Qualität oder den Produktionsbedingungen sind die höheren Endkundenpreise normalerweise jedenfalls nicht begründbar, und auch nicht damit, dass in den Klamotten der großen Marken zwei oder vier Labels mehr eingenäht sind …

      Es gibt einige wenige Hersteller, die wirklich unter vernünftigen Bedingungen produzieren lassen und dies auch sehr konsequent kontrollieren, ganz wenige produzieren auch hier oder im europäischen Ausland. DA machen dann die höheren preise Sinn.

  3. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel Glimpse Clothing. Diese Firma bildet ehemalige Prostituiere zu Näherinnen aus und bezahlt sie auch überdurchschnittlich. Sagen sie zumindest. Merkt man aber am Preis.

  4. „Wir leben eigentlich trotz HartzIV noch wie die Made im Speck. “

    1. Es heißt ALG 2. Nicht H4.
    2. Nein, definitiv nicht wie die Made im Speck, da muß ich widersprechen.

    Es mag sein, dass die, die kein ALG 2 beziehen, so leben. Bei den anderen muß ich sagen: Nein, das siehst du falsch. Sorry.

    • Mag sein, dass ich im Vergleich zu nem Arbeiter in Bangladesh reich bin, wie ne Made im Speck lebe ich definitiv nicht!
      gez. Aufstocker in Halbtagsjob

  5. Birnen und Kellerstufen pflegte mein alter Mathelehrer sagen, wenn wir was verglichen haben, was nunmal nicht wirklich vergleichbar war. Das eine ist die endlose ALG 2 Geschichte, ein zarmonisches Märchen, denn: Das wird nicht gut ausgehen.
    Das andere ist die endlose Geschichte der Ausbeutung und des Irrglaubens, das die Kampfpreise von Kik und Primarkt und Co. machbar sind, ohne das jedem böse draufzahlt.

    Persönlich bin ich da relativ elegant aus dem Schneider: Socken und Pullover strickt Oma, Kleider kommen vom DWS (und wenn man DENEN nimmer trauen kann, wem dann noch?) und der Rest …. nun ohne die Firma Ulla Popken würde ich ziemlich nackt rumlaufen. Oder sehr beengt. Oder aussehen wie ein Zirkuszelt mit Pailetten drauf.

    Langzeitbeobachtung: Meine Klamotten von Ulla Popken trage ich meistens etliche Jahre (und die werden bei mir gewaltigen Kräften ausgesetzt. Gerüchtehalber kreisen um mich verschiedene kleine Monde …). Fast die einzige die ihre T-Shirts genauso lange tragen sind die Freunde, welche sich zB bei Last Exit to Nowhere eingedeckt hatten. Die meisten Kikwaren hatten inzwischen ihr Zweitleben als Putzlappen entdeckt – und teils schon wieder ausgehaucht.

  6. Leuuuuuuuuuuute:

    ich sagte „hochwertig“ – nicht „Luxusmarken“.

    Und ihr habt den Vergleich gründlich missverstanden. Ihr solltet doch langsam wissen, dass bei mir Lesekompetenz gefragt ist.

    Verglichen mit den Lebensbedingungen in den ärmsten Ländern der Welt lebena auch ALG2-Empfänger wie die Made im Speck. Sorry da beißt die Maus keinen Faden ab.

    Das heißt weder, dass das in Ordnung ist, NOCH dass das irgendwie nicht verbesserungsfähig wäre.

    • Nope!
      Da muss ich dir widersprechen! Der vergleich hinkt gewaltig.
      Ich lebe definitiv nicht wie die Made im Speck, denn die hat alles im Überfluss und muss sich um nichts weiter kümmern.

      • Ich glaube was Tantchen meint ist das ALg2 Empfänger eine Wohnung inkl. Heizung bezahlt bekommen. Dazu noch genug um nicht Hungern zu müssen (wobei ich das schon anders erlebt hab).

        In den meisten anderen Ländern leistet man sich nicht den „Luxus“ so eines Umfangreichen Sozialsystems z.B. in den USA würde man auf der Straße stehen wenn nach 6 Monaten das Arbeitslosengeld ganz wegfällt.

        Sozial liegen wir trotz Rückwärtsentwicklung hier im Land noch recht weit vorne was die Soziale Versorgung angeht.

    • „Verglichen mit den Lebensbedingungen in den ärmsten Ländern der Welt lebena auch ALG2-Empfänger wie die Made im Speck. Sorry da beißt die Maus keinen Faden ab“

      Ja, tun sie doch!

      Und ich habda durchaus auch eigene Erfahrungen zu. In den späten 90ern konnte ich kein Wohngeld für unsere Familie bekommen, da ich kein verfügbares Familieneinkommen nachweisen konnte, das auch nur knapp über dem Sozialhilfesatz gelegen hätte. man wollte michdrängen, die Selbständigkeit aufzugeben und Sozialhilfe zu beantragen, was ich wiederum nicht wollte.

      Man *kann* davon leben ohne zu hungern, und ja, man muss auf ziemlich vieles verzichten, was für große Teile der *hiesigen* Bevölkerung selbstverständlich ist, und deshalb ist es durchaus gerechtfertigt ALG2 Bezieher (es ist übrigens *nicht* für alle ALG2, es kann z.B. auch Hilfe zum Lebenunterhalt im Alter oder bei Arbeitsunfähigkeit sein, was pekuniär aber ungefähr auf’s Gleiche rauskommt, nicht alle Bezieher sind vorher in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen gewesen).

      Aber der springende Punkt ist: Die rein physische Existenz ist *gesichert*. Die Kinder der Bezieher können eine halbwegs ordentliche Schulbildung genießen und wenn sie mit den entsprechenden Fähigkeiten und dem Willen dazu gesegnet sind auch studieren, auch wenn die Chancen nicht völlig gleich verteilt sind, Es ist *möglich* und zwar prinzipiell für alle. Unser Gesundheitssystem behandelt beileibe noch nicht alle gleich, aber grundlegend sind auch Hartz IV Bezieher medizinisch gut versorgt. Ich kann mir schon lange nicht mehr alles das leisten was Ärzte mir zusätzlich bei meiner Erkrankung empfehlen würden, aber im Notfall und bei Verschlechterungen kann ich mich auf eine angemessene Versorgung verlassen.

      Das das Leben an der Grenze des zur Teilhabe am Leben in dieser Gesellschaft minimal notwendigen (so wie es *hier* bei uns nun mal definiert ist!) nicht einfach ist, will ich gern zugeben, aber ernsthaft existenzbedrohende Sorgen muss man sich auch als Bezieher von Transferleistungen hier nicht machen.

      Und genau DAS ist der fundamentale Unterschied zu den Menschen in den ärmsten Ländern: Sie sind wenn schon nicht durch Hunger so doch oft genug durch Mangelernährung bedroht. Schulbildung findet entweder nicht oder auf einem erbärmlichen Level statt, die medizinische Versorgung ist diese Bezeichnung nicht wert. DAS ist Leben an oder unter der Grenze der Möglichkeit *überhaupt* noch zu existieren. Und DAMIT verglichen leben auch hier zu den Armen zählende Bezieher von Transferleistungen, zu denen ich mit Beantragung der Rente ziemlich sicher auch wieder zählen werde, *vergleichsweise* sorglos und damit eben wie Maden im Speck. Dass das kein rumum-sorglos-Vollkasko-Leben sein wird, ist mir klar, meine schiere Existenz wird aber nicht bedroht sein.

  7. Lochkartenstanzer

    Für manche ist eine Levi’s vermutlich schon Luxus. Für manch andere wieder eine „Billigmarke“. Ist halt eben davon abhängig, im welchen Preissegment man üblicherweise unterwegs ist.

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