Böser Ethikrat


Der Ethikrat hat gerade festgestellt, dass das gesetzliche Verbot von Inzest (also Geschwister) nicht wirklich aus rationalen Überlegungen stammt.

Hintergrund war ein Geschwisterpaar, dass trotz des Verbots Kinder gezeugt hat und dafür mit Haftstrafen belegt wurde.

Ganz ehrlich? Es stört doch keinen. Was sich im Schlafzimmer von zwei Menschen abspielt, spielt sich zwischen den beiden Menschen ab.

Ja, Geschwister haben ein höheres Risiko, dass die Kinder behindert zur Welt kommen. Wie nah dran sind wir damit bei der Eugenik? Die Grenze wird zumindest angekratzt.

Wenn man den Gedanken der Freiheit persönlichen Lebens konsequent zuende denkt, hat weder das Inzestverbot seine Berechtigung, noch das Verbot der Polygamie.

Wir reden hier von gleichberechtigten Erwachsenen, die auf Augenhöhe eine Beziehung eingehen. Nicht von Erwachsenen, die mit Kindern eine Beziehung eingehen wollen – da ist die Linie zu ziehen, denn hier kann man NICHT mehr von einem gegenseitigen Einvernehmen sprechen, der Erfahrungshorizont des Erwachsenen ist viel zu groß und das Kind kann das noch nicht einschätzen. Da können Pädoaktivisten das Gegenteil behaupten bis sie blau werden.

Der Staat hat sich aus den Schlafzimmern herauszuhalten mit Verboten und Geboten. Solange es einvernehmlich ist: Who cares.

Und für alles andere gibts die Schutz des Gesetzes bei Misshandlungen bzw. Missbrauch.

Also weg damit. Alter Zopf, brauchmer nich.

Veröffentlicht am 28. September 2014, in Nachdenkliches. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 18 Kommentare.

  1. Mutig das zu schreiben, auch wenn ich dir vollkommen zustimme finde ich es Mutig.

    Ich geh mal Popcorn holen bevor die Empöria hier aufschlägt.

  2. Moin Tante

    Hab das gelesen, hab gedacht »ach, schon wieder ein Problemproblem« und habe dann die Stellungnahme des Ethikrates gelesen. Alles.
    So einfach nur zum Überlesen ist es dann wohl doch nicht. Erster Gedanke: Die Familie dient unter anderem dazu, ihre Nachkommen auf gesellschaftlich anerkannte Strukturen vorzubereiten. Klappt das nicht (du sollst nicht töten, stehlen, stalken oder Bücher nicht zurückgeben) ist der Psychologe gefragt – nicht die Justiz.
    Zweiter Gedanke: Gegen was verstößt eigentlich Inzest? Und dann wird`schwierig. Er verstößt gegen ein Tabu.

    »Es lassen sich vor allem vier prinzipielle Schutzzwecke eines Inzestverbots in Hinblick auf moralisch relevante Güter
    unterscheiden: Außer der Wahrung der sexuellen Selbstbestimmung sind dies der Kinderschutz, der Schutz der Familie und die Aufrechterhaltung der sozialen und psychologischen Funktionen des Tabus.[…] Ginge
    es ausschließlich um den Schutz sexueller Selbstbestimmung,
    wäre ein Verbot einvernehmlichen Inzests unter selbstbestimmungsfähigen Personen ethisch nicht zu rechtfertigen.«

    aus der Stellungnahme des Ethikrates

    Und genau das war mein vorherrschendes Gefühl dabei: Es ist ein Tabu. Etwas sehr archaisches und vielleicht auch wenig zeitgemäßes, aber es existiert. Als Begriff, als Hintergrund vieler Handlungen und Gedanken und es ist nicht mit der Abwägung juristischer, sozialer oder psychologischer Hintergründe zu erklären. Nochmal kurz aus der Stellungnahme:

    »Ein Tabu ist als eine meist stillschweigende, auf starken
    Affekten basierende gesellschaftliche Übereinkunft zu verstehen, die Grenzen weit über rechtliche Regelungen hinaus
    markiert und aufrechterhält. Ein Tabu tritt in diesen Fällen als
    soziale Ersatzmaßnahme an die Stelle der Mühen diskursiver
    Verständigungsprozesse, um die gesellschaftliche Praxis zu
    stabilisieren.

    Es geht mir auch wenig darum, ob dieses Tabu nun einen biologischen oder rein gesellschaftlichen Ursprung hat – es ist sein Vorhandensein. Und dieses Existenz löste ein Unbehagen beim Lesen aus. Ich habe dieses Tabu auch in meinen Knochen, meiner Erziehung, meinem Fühlen. Das bedeutet nicht, daß ich Inzest für strafbar oder ächtenswert halte, es widerspricht nur diesem Tabu. Die Definition als »soziale Ersatzmaßnahme an die Stelle der Mühen diskursiver
    Verständigungsprozesse« hat dabei für mich keinen unangenehmen Beigeschmack; man kann umgekehrt auch viele » diskursiver
    Verständigungsprozesse« durchaus als Ersatzmaßnahme empfinden, sieht man sich diverse Diskussionen der Vergangenheit an (»Neger raus aus Taka-Tukaland!«).

    Was wollte ich jetzt sagen? Ja: Kein Fall für die Justiz. Das Unbehagen bleibt. Pädophillie unterliegt auch einem Tabu. Sieht man es, so geht man nicht mit den Worten dazwischen »Sie verstoßen gerade gegen § 176 StGB!«, sonder »Lass das Kind in Ruhe!« Es ist ein Tabu. Es handelt sich eben nicht um einen Falschparker.

    • Homosexualität, gemischtrassige Ehen, selbstbestimmte Frauen das alles waren Tabus (und sind es an einigen orten immernoch). Die frage ist warum ist es Tabu, stehen die Gründe dafür immernoch, sind es überhaupt stichhaltige Gründe oder können wir aus besserem Wissen handeln?

      Auch wenn man persönlich ein Problem damit hat, und ich persönlich hab ein Problem mit einigen Dingen, finde ich kann man eine gute Begründung akzeptieren. Hier ist die Begründung die persönliche Freiheit, die persönliche Sexualität aus gutem Grund.
      Wo wird die Familie Tangiert (und wo ist die Überhaupt gesetzlich sinnvoll definiert), wo werden Kinder geschützt? Das Risiko auf Behinderung ist bei einer 40 jährigen Mutter oder Eltern mit Erbkrankheiten ähnlich.

    • An der Stelle irrst du, weil du einen Punkt nicht mit einbeziehst. Den unterschiedlichen Erfahrungshorizont von Kindern im Gegensatz zu dem der Erwachsenen, der sich *immer* zum Nachteil der Kinder auswirkt.

      Insofern kann bei der Konstellation Minderjährig/volljährig von einem gegenseitigen Einverständnis nicht die Rede sein. Es gibt handfeste Gründe, die Beziehung zwischen Erwachsenen und Kindern unter Strafe zu stellen – frag mal ein Opfer sexuellen Missbrauchs danach. „Pädophilie“ an sich ist übrigens nicht strafbar.

      Sobald zwei Erwachsene im Spiel sind, sieht das völlig anders aus.

      Das dürften auch gar nicht so viele Fälle sein. Bei den meisten greift eine Art Familinschutz: Wenn du deiner kleinen Schwester die Windel gewechselt hast, dann verliebst du dich nicht in sie. Du siehst sie einfach nicht so.

      Und die paar Fälle die wir haben sind nix für die Justiz. Moralische Tabus haben im Strafrecht nix zu suchen.

    • Es gibt aber noch auch andere ernst zu nehmende Stimmen zum Ethikrat:

      http://www.taz.de/Die-Woche/!146784/

      Zitat:

      »Man hätte dies ominöse, berufene Gremium aus stillgelegten Politikern, reichlich Pfaffen und ein paar Wissenschaftlern rückstandslos abschalten können. Mit Waffenlieferungen an Kriegsparteien haben wir gerade ein schönes Thema für Ethiker. Logo, dass sie da lieber mit „Verbotene Liebe“ um die Ecke kommen. «

    • Das ist klar, Großer. Aber Mainstream war ich eigentlich nie. 😉

    • Hab den Kommentar von Hildegard Stausberg gelesen. Enthält Postulate der Klasse „es gibt Werte, die sind unumstößlich“, aber nicht ein Versuch einer argumentativen Herleitung.

      Ein Kommentar aus dem Hause Axel Springer halt.

  3. ein anderer Stefan

    Die Welt? Die Bild für Intellektuelle? Die Kolumne trieft vor billiger Polemik, wie erwartet, und durchsichtigen Scheinattacken. Was maßen sich solche Zeitungsfuzzis überhaupt an, über andere Menschen Urteile zu fällen – nein, nicht über den Ethikrat, über die Betroffenen. Strafandrohung sei „gesunder Menschenverstand“ beim Beischlaf zwischen Geschwistern? Hallo? Gehts noch etwas überheblicher?
    Ist ja auch nicht so, als seien Verbindungen zwischen nahen Verwandten etwas ungewöhnliches in der Geschichte, vom alten Ägypten bis zum europäischen Hochadel bis in die jüngere Vergangenheit. Da wäre ich mal ganz vorsichtig mit Werturteilen.

    • Urteile und Vorurteile im Namen des „gesunden Menschenverstandes“ erinnert mich irgendwie an das „gesunde Volksempfinden“. Brauchen wir nicht (wieder).

  4. Da muss ich an dieses Geschwisterpaar denken das vor ein paar Jahren immer mal wieder durch die Medien schwappte, da diese miteinander wohl 4 Kinder haben und ich glaube 2 oder 3 behindert auf die Welt gekommen sind.
    Und sie auch nicht voneinander lassen konnten.

    Da würde das Tabu scheinbar auch wieder Sinn machen.

    Wenn Geschwister fast gleich alt sind und die Pubertät zuschlägt wird das ganze noch schwieriger.
    Wenn aber mehr als eine Handvoll Jahre dazwischenliegen wird es kompliziert. So nach dem Motto „Wenn Anhimmelung zu Liebe wird“.

    Intergenerationell ist das auch wieder etwas sinnvoller(?), Erwachsene zur nächsten Generation oder Schutzbefohlenen.

    Insgesamt schwieriges Thema irgendwie.

    • Ist es. Aber das muss jeder für sich selber lösen. Verbote erhöhen den Leidensdruck massiv,

      • Seh ich nicht so. Leider ist die Menschheit nicht in der Lage ohne Verbote zu existieren, weil es halt immer Menschen gibt, die entweder zu doof oder skrupellos sind.
        Inzest ist nicht nur wenn sich halt zwei Geschwister lieb haben. Für mich gibt’s da einen ganz großen Unterschied: Seine Freunde und Lebenspartner kann man sich aussuchen, seine Familie nicht. Und man kann ihnen auch nicht entfliehen. Weder räumlich, vor allem wenn beide minderjährig sind, sondern auch psychisch.
        Wenn ein Geschwister dem anderen nachstellt und nicht locker lässt, zurmürbt es einfach das andere und bekommt irgendwann was es will. Während man einen Verehrer aus der Disco einfach abblitzen lassen kann, wird das innerhalb der Familie zum Horrortrip. Versuch mal jemandem aus dem Weg zu gehen, der in der selben Wohnung, evtl. sogar im selben Zimmer (ja das gibt’s auch. Nicht jede 5-köpfige Familie hat eine 7 Zimmer Wohnung) lebt.
        Da helfen solche Regelungen doch eine Hemmschwelle wie im anderen Post beschrieben aufrecht zu erhalten.
        Einen Unterschied in der Reife und Erfahrungshorizont benötigt auch keinen Erwachsenen. Das gibt’s auch schon zwischen Geschwistern, die weiter auseinander liegen. Und wie Tantchen so treffend bemerkt hat: Hier kann von einvernehmlich keine Rede sein.

        • Minderjährige sind bei der Konstellation völlig raus. Um die gehts nicht. Es geht *rein* um Erwachsene. Und um objektiv einvernehmliche Beziehungen.

          Nicht nachstellen, nicht missbrauchen, keine Kinder. Zwei Geschwister, die erwachsen sind und wissen, was sie tun.

  5. Huiuiui. Das ist wirklich ein Thema, an dem man sich ganz fix die Finger verbrennen kann.

    Früher hätte ich sofort gesagt: „Inzest gehört verboten, und wer das macht, gehört eingesperrt“.

    Doch wenn man näher darüber nachdenkt, dann kommen da sehr viele Aspekte mit ins Spiel. Der Schutz der Kinder, die aus so einer Beziehung entstünden, ist ein angebrachtes Argument. Das war auch für mich immer das ausschlaggebende Argument. Doch wie nah sind wir hier der Eugenik? Verbot weil eine „erhöhte Wahrscheinlichkeit“ besteht? Dann dürften Frauen über 35 auch keine Kinder mehr auf die Welt bringen weil sie ein erhöhtes Risiko haben, ein behindertes Kind auf die Welt zu bringen.

    Und haben Geschwisterpaare, die eine sexuelle Beziehung miteinander eingehen, denn immer den Wunsch, Nachwuchs zu zeugen? Wenn nicht, was sollte dem denn dann im Wege stehen? Ist es nicht sogar eine der Sachen, die uns vom Tier unterscheidet: selbstbestimmte Sexualität, die von der reinen Fortpflanzung entkoppelt ist?

    Und dann noch die mehr als fragwürdige Regelung! Bei Inzest wird nur der Mann bestraft. Die Frau geht straffrei aus. Die Gründe dafür sind für mich absolut nicht nachvollziehbar. Und außerdem: Welches Rechtsgut wird durch den Inzest denn verletzt? Oder besser gefragt: WESSEN? Ein solcher Fall eines Geschwisterpaares kam vor das Bundesverfassungsgericht. Das Gericht hat in der Mehrheitsentscheidung das bestehende Verbot des Inzest für rechtens erklärt. Eine der wenigen Mindermeinungen, die das Inzestverbot in Frage stellte, kam vom anfang 2014 leider verstorbenen Winfried Hassemer, von dem ich persönlich viel halte. Aber es ist wie so oft bei der Juristerei: wenn man nur gut genug argumentiert, kann man die absurdesten Sachen begründen, so ungerecht sie auch sein mögen.

    Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Tabu. In nahezu allen menschlichen Gesellschaften gibt es ein Inzesttabu, mal stärker, mal schwächer. In Korea darf man niemanden heiraten, der den selben Nachnamen hat, also demselben Clan entstammt, auch wenn derjenige vom anderen Ende des Landes stammt und garantiert NICHT mit einem blutsverwandt ist.

    Grundsätzlich ist gegen dieses Tabu nichts einzuwenden, es ist biologisch sinnvoll. Es ist auch ein psychischer Mechanismus, der dafür sorgt, dass man nicht mit nahen blutsverwandten Kinder zeugt. Wenn man mit Geschwistern aufwächst, ist dieser Mechanismus am stärksten. Für mich wäre der Gedanke, mit meiner Schwester sexuellen Kontakt zu haben, absolut abwegig.

    In der Natur soll durch solche Mechanismen Inzest vermieden werden, um so die genetische Diversität zu steigern und die Überlebenschancen des Nachwuchses zu erhöhen. Doch in unserer menschlichen Gesellschaft sind solche Überlegungen nicht immer angebracht. Wir haben die Sexualität von der Fortpflanzung entkoppelt. Wir akzeptieren homosexuelle Paare. Aber es gibt noch immer bestimmte Tabus, die aufrecht erhalten werden. Und dazu zählen Inzest und Polygamie.

    Polygamie ist grundsätzlich nicht verwerflich. Dafür gibt es auch den modernen Begriff Polyarmorie. Ich finde, wenn das jemand in einer gleichberechtigten Beziehung durchziehen kann, ist das sogar bewundernswert, denn es gehört viel Kraft dazu. Bei Inzest bin ich immer noch gespalten. Wahrscheinlich spielt da noch das Tabu für mich hinein. Sowas wird man nur schwer wieder los. Aber ich denke, man sollte auf jeden Fall darüber nachdenken, das Verbot aufzuheben.

    Ich will aber keine absolute Meinung hier abgeben, denn es ist ein heißes Thema, an dem man sich leicht die Finger verbrennen kann und bei dem man sich schnell um Kopf und Kragen reden kann.

    • Thema Polygamie:
      Das ist eher ein gesetztliches als ein moralusches Problem. Da kann die Dorfgemeinschaft die Nase rümpfen wie sie will.

      Die Ehe wird ja auch als Rechtsbündnis zwischen 2 erwachsenen Partnern gesehen, mit entsprechenden Rechten und Pflichten. Ebenso auch staatlichen und wirtschaftlichen Vorteilen, Steuerklassen, Witwenrente etc. Dazu noch das ganze Versorgungskuddelmuddeln.
      Ob nun der polyamoröse Hugh Hefner 20 „Freundinnen“ hat ist rechtlich ziemlich Wumpe. Wenn da nun aber 21 Leute mit- bzw. Untereinander verheiratet sind und auf einmal Ansprüche haben?

      • Hängt aber sogar zusammen. Wer sagt denn, dass nur eine Person mit mehreren Personen liiert sein darf. Also ich meine auch diese Person darf wiederum mehrfach verheiratet sein. In so einer Dorfgemeinschaft kann da jemand ganz schnell sein eigener Onkel oder Großneffe werden. Womit wir wieder beim Thema wären 🙂

warf folgenden Kuchen auf den Teller

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