Und die Moral von der Geschicht…


Das Leistungsschutzrecht. Auch kurz und liebevoll #LSR genannt.

Axel Springer hat sich die Etablierung des Leistungsschutzrechtes auf die Fahnen geschrieben und alle sind brav hinterhergetappert.

Google sollte endlich für die Snippets zahlen.

Tunse abba nich. Unnu?

Eine kleine Geschichte darüber, wie Menschen darauf bestehen können, vor Wände zu rennen.

Wir erinnern uns. Die Qualitätsmedien wollten für ihre harte Abschreibearbeit der Agenturmeldungen endlich Geld von Google sehen. Sie fanden es unschön, dass Google sich an der Arbeit der unbezahlten Praktikanten und Volontäre bereichert, indem sie Mehrwert mit sogenannten Snippets kreieren.

Also hat man erst versucht, Google mit Verhandlungen zum „Einlenken“ zu bewegen und dazu, freiwillig was abzugeben. Google hat mal kurz mit großen Augen geguckt, laut gelacht, dann trocken: „Nein.“ gesagt. Warum auch?

Den Verlagen war das zuwenig. Axel Springer versammelte die Heerscharen und trommelte die Lobbytrommel. Ein Leistungsschutzrecht musste her, damit die Verlage auch weiterhin unbezahlte Praktikanten, freiberufliche Zeilenschinder und unterbezahlte Volontäre beschäftigen konnten.

Diese Personalkosten aber auch. Die fressen einen geradezu auf. Und dann kommt Google daher und macht Gewinn mit dem, was die Verlage veröffentlicht haben. Pfui.

Was man nicht sehen wollte (oder vielleicht auch schlichtweg vorgezogen hat zu vergessen): Das ganze war ein Quid pro Quo.

Die Verlage haben die Snippets geliefert, Google die Suchergebnisse, die dann Kunden auf die Seiten der Verlage gesendet haben. Google hat informell bezahlt – mit hübschen Werbeklicks, die nicht selten auch über Google Adsense eingespielt werden.

Wie nennt man einen Schiffer, der sehenden Auges vor die Kaimauer fährt?

So ungefähr war für jeden, der das Zustandekommen des Leistungsschutzrechts gesehen hat, der Eindruck den die Verlagskapitäne machten. Um es mit Barlow auszudrücken: Konsequenz ist, auch Holzwege zuende zu denken, haben die Verlage nicht lockergelassen, bis sie ihr Recht bekommen haben.

Die Begründung, die dabei geliefert wurde, war atemberaubend. „Wir wollen von Googles Suchmaschine Geld haben, damit die uns verlinken dürfen.“ blendete völlig die Zielgruppen aus. Menschen, die nach Stichworten in den Nachrichten suchen, dürften das in den meisten Fällen machen wie ich: Google auf, Stichwort rein, „NEWS“ anklicken und gucken, was sich so getan hat.

Auf die Art und Weise verringert sich der, ich nenne ihn mal so, „Hirnwaschfaktor“ beträchtlich. Zu Zeiten, als es nur Printmedien gab, war es ja auch einfach. Die wenigsten haben mehrere Zeitungen gehabt. Man hatte eine Tageszeitung, die gelesen und war dann informiert.

Mehr oder weniger jedenfalls. Denn wer die Bildzeitung hatte, war deutlich anders informiert als es ein Leser der Zeit oder des Spiegels war.

Die Zeiten änderten sich. Die Leute hatten auf einmal mehr und freieren Zugang zu Informationen. Und entsprechend muss das in gewissen Redaktionskreisen für eine gewisse Verzweiflung gesorgt haben. Kampagnen blieben auf einmal nicht mehr unwidersprochen – und schlimmer noch: Sie schlugen sogar fehl. Fehler wurden aufgezeigt – und jeder konnte auf einmal sehen: Da arbeiten keine Übermenschen. Sondern es setzte sich die Erkenntnis durch, dass Journalisten Menschen sind, die Fehler machen können.

Ein Beruf, der seinen Nimbus verlor und der gerade dabei ist, sich neu zu definieren.

In diese Neudefinition schlägt das Leistungsschutzrecht rein als Festschreibung des Status Quo. Die Verlage wollen sich nicht bewegen. Wollen nichts Neues. Denn es ist auch recht klar, dass im Zeitalter des Self-Publishing und der Blogs/Vlogs die großen Verlage ihre Bedeutung verloren haben. Wir brauchen sie nicht mehr, um Nachrichten und Meinungen zu verbreiten, das können wir selbst ganz gut. Und genauso wie bei den Verlagen: Manche besser, manche schlechter.

Nicht umsonst verbreitert der Axel Springer-Verlag sein Sortiment so extrem. Siehe „Volks“-Produkte. Der Produktname ist eigentlich ein Geniestreich – unter dem Label kann man alles vermarkten. Vom Dosenbier bis zum Eigenheim.

Axel Springer war und ist also „gut aufgestellt“. Der Verlag macht derzeit eigentlich so ziemlich alles richtig, was die anderen Verlage grundfalsch machen, weil sie nicht verstanden haben, worum es geht. Wir stecken in einem Umbruch, der ähnlich gravierend ist, wie der Umbruch zur täglichen Zeitung. Ich habe irgendwo den Vergleich mit dem Buchdruck gesehen, er passt.

Nachrichten werden schneller und schneller generiert. Die Verifizierung dieser Nachrichten wird dazu exponentiell schwieriger.

Anstatt dass sich hier die Verlage des Problems annehmen und *wirklich* Qualität liefern, haben sie sich dem leicht verdienten Klickrausch ergeben. Ich warte auf den ersten Artikel auf 10 Seiten mit jeweils einer Zeile pro Seite – macht 10 Klicks.

Es läuft viel schief in unserer Medienlandschaft. Und es bedarf keiner Raketentechnik um zu sehen, dass die meisten Verlage diesen Umbruch nicht überleben werden. Zu unbeweglich sind sie, zu fixiert auf ein Leistungsschutzrecht und der angeblichen „Erpressung“ durch Google, die Stefan Niggemeier schön auseinandergenommen hat.

Was bleiben wird, sind einige wenige Großverlage. Bertelsmann, mit viel Glück der Bauer-Verlag (wird aber wahrscheinlich eher vom Springer-Verlag irgendwann geschluckt werden) und Springer. Mehr wird nicht bleiben von den Verlagen. Spiegel vielleicht noch. Aber das wars dann auch schon.

Und dann?

Dann haben wir ein Problem. Denn eine öffentliche Meinung, die von Springer und von Bertelsmann bestimmt wird, die geht stramm rückwärts.

Und da wollen wir alle nicht hin. Glaubts mir.

Veröffentlicht am 2. Oktober 2014, in Mediales. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 3 Kommentare.

  1. Nun heisst es zwar, dass man keine Verschwörungstheorie braucht, wenn es um etwas geht, dass man auch durch menschliche Dummheit erklären kann. Dennoch denke ich, dass in diesem Schachspiel noch nicht alle Züge gespielt wurden und die derzeitige Entwicklung auch für Springer&Co vorhersehbar war.

    Ich kann mir nämlich vorstellen, dass als Reaktion auf das Verhalten von Google nun per Gericht oder par ordre du mufti (EU Kommision) der Monopolist Google dazu gezwungen werden soll, die Inhalte zahlenderweise zu veröffentlichen. „Und bist du nicht willig, so gebrauch ich Gewalt“. Dass die Lobby stark genug sein könnte, das durchzusetzen, zeigte ja das LSR schon.

  2. „Ich warte auf den ersten Artikel auf 10 Seiten mit jeweils einer Zeile pro Seite – macht 10 Klicks.“
    Das hast Du doch heute schon: die „tollen“ Fotostrecken, bei denen ein Thema, das in 2 Sätzen abgehandelt wäre, auf 10-20 Bilder mit Minimalunterschrift aufgeblasen wird. Jedes auf einer eigene Seite, versteht sich. Die könnte man natürlich auch alle auf einer Seite unterbringen, aber so hat man auf einfache die Klicks vervielfacht. Und längere Artikel werden ja auch auf 2-3 Seiten aufgeteilt, obwohl man ja eigentlich einfach weiterscrollen könnte.

warf folgenden Kuchen auf den Teller

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