Getrennte Wege


/update: Via Konni Scheller und Facebook eingetrudelt: Ein Interview mit Kurt Westergaard, der seit 9 Jahren aufgrund von religiösen Spinnern unter Polizeischutz lebt.

Deutschland ist, zumindest, was die Verfassung angeht, ein säkulärer Staat. Die Trennung von Kirche und Staat ist festgeschrieben, eine Staatskirche sollte es nicht geben.

Theoretisch.

Praktisch sieht das – natürlich – wieder mal anders aus.

Die Kirche hat eine Reihe von Privilegien, die alles andere als sauberer Herkunft ist. Sollte je im Zuge der Säkularisierung Kircheneigentum verstaatlicht worden sein, dürfte nach nunmehr mehr als 150 Jahren wohl der Wert abgegolten sein.

Steuergelder hat es dafür genug gegeben.

Auch, dass die Gehälter nach BAT für Kirchenfürsten gezahlt werden, ist ein Unding. Vor allem in Zeiten, wo viele nicht mehr wissen, wo sie ihr täglich Brot hernehmen sollen.

In Ordnung gehen Zuschüsse für die Baudenkmäler. Köln wäre ohne den Dom nix. 😉
Nein, Herr Tebartz van-Elst, ihr schmuckes, voll unterkellertes Privatanwesen ist KEIN Baudenkmal.

Das sind alles Geburtsfehler, die bis heute nicht behoben wurden. Die Kirche pocht auf diese Privilegien – selbst nach all den Skandalen und Skandälchen. Von Missbrauch bis Prunkbischof ist ja alles dabei.

Es gibt Politiker, die ficht das nicht an. Offenbar kann sich in deren Augen die Kirche alles erlauben – sie garantieren sprudelnde Steuergelder, damit sie „unabhängig“ bleiben kann.

Ich hab „Kirche“ hier ja schon öfter thematisiert. Die endgültige Trennung von Kirche und Staat tut Not. Keine Kirchensteuer mehr, keinerlei Kirchenprivilegien. Religion ist Privatsache. Rom wirds überleben. Die deutschen Bischöfe auch.

Wie ich darauf komme? Volker Beck, der Mann, der wirklich in den letzten 30 Jahren irgendwie immer auf der falschen Seite der gesellschaftlichen Entwicklung stand, hat wieder mal ein Ding rausgehauen, was viele entsetzt die Hände über den Kopf zusammenschlagen ließ.

Er hat ja schon vor längerer Zeit bewiesen, dass Menschenrechte für ihn eher zweitrangig sind, wenn es um religiöse Bedürfnisse geht. Stichwort Beschneidung. Kleine Jungen sind für ihn Menschen zweiter Klasse, die gefälligst zu erdulden haben, was die Eltern ihnen antun – wenns denn im Namen der Religion geschieht. Als Menschenrechtsbeauftragter verwechselt er offenbar Menschenrechte und religiöse Freiheiten. Er konzentriert sich auf einen sehr kleinen Teil der Menschenrechte: Nämlich das Recht, SEINE Religion auszuüben. Und im Rahmen dieses Rechtes gesteht er selbst Kindesmissbrauch zu (als das werte ich in meinem kleinen Kämmerlein jegliche Genitalverstümmelung an Jungen, Mädchen und transsexuellen Kindern)

Nochmal ganz deutlich: Wer an Gott glaubt, oder an Allah oder an G’d oder von mir aus auch an das fliegende Spaghettimonster, der kann das tun. Ich werde ihn nicht daran hindern und ich werde sein Recht verteidigen, dass er daran glauben darf. DAS bedeutet Religionsfreiheit.

Ich muss nicht nachvollziehen können, warum jemand an etwas glaubt, um sein Recht, daran zu glauben, zu verteidigen. Es reicht, DASS er glaubt.

Aus diesem Grund habe ich mit den Hardcore-Atheisten echt Streit und kann mit „Religiot“ relativ wenig anfangen. Diese Leute sind nicht besser als die religiösen Fanatiker. Beide haben echt nen Knall.

Doch Volker Beck sagt, dass das Grundgesetz, was die Religion angeht, nicht in Stein gemeißelt ist. Er will darauf hinaus, dass der Islam und auch das Judentum den gleichen Stellenwert wie das Christentum erhält.

Nun, ich sehe das etwas anders. Das Christentum muss dringend auf den Stellenwert des Judentums und des Islams eingestampft werden. Weltweit gibt es genügend religiöse Staaten, wir müssen da wirklich nicht noch eins hinzufügen.

Religionsausübung ist Privatsache. Der Staat hat lediglich die Ausübung der Religion zu garantieren. Und die Ausübung der Religion der Eltern endet sehr klar da, wo die Ausübung der Religion der Kinder beginnt – nur mal so nebenbei bemerkt.

Wenn man sieht, wie oft Volker Beck in den letzten 30 Jahren geirrt hat, dann hoffe ich wirklich zutiefst, dass er auch dieses mal irrt.

Das letzte was wir hier brauchen, ist ein multipler Kirchenstaat. Rein mit der Religion ins Privatleben. Einstellung aller Zahlungen an die Kirchen und wo ich grad schon mal ne „wishlist“ mache:

Institutshaftung einführen. Wenn einer der Kirchenangestellten Kinder anpackt, dann ist die Kirche haftbar zu machen als Arbeitgeber. Gilt dann analog bitte auch für die unsägliche Odenwaldschule.

Warum ist die eigentlich noch nicht dicht?

Veröffentlicht am 21. Juni 2014, in Ärgerliches. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 18 Kommentare.

  1. erneut sehr schön zusammengefasst 😀

  2. Im Großen und Ganzen bin ich einer Meinung mit Tantchen. Dass sich der Staat aus der Religion raushalten sollte, ist klar, genauso, wie jede(r) je nach persönlichem Geschmack an Gott, Allah, Jehova, Jesus, Manitou oder den kleinen blauen Wobbler von Tau Ceti 3 glauben darf.

    Den Satz „Das Christentum muss dringend auf den Stellenwert des Judentums und des Islams eingestampft werden“ kann ich so allerdings nicht 100%ig unterschreiben.

    Hier ist nun mal das Abendland. Hier gibts eine nicht geringe Anzahl von Leuten, die eben jenen Wanderprediger zur Religion gemacht haben, der damals vor gut 2000 Jahren durch die Lande gezogen ist und den man ans Kreuz genagelt hat, nur weil er gesagt hat, dass es doch eigentlich nicht schlecht wäre, wenn die Menschen mal nett zueinander wären (frei nach Douglas Adams).

    Aber es gibt tatsächlich Leute, die anscheinend gerade keine anderen Probleme haben und denen furchtbar langweilig sein muss, weil sie nix besseres zu tun haben, als vor Gericht zu ziehen und durchzusetzen, dass Kruzifixe in den Schulen abgehängt werden müssen.
    Und dann haben wir noch die Hardcore-Gläubigen, die unbedingt in ihrer Schule einen Gebetsraum brauchen und solange rummaulen, bis die Schulkantine sich nicht mehr traut, Gerichte mit Schweinefleisch zuzubereiten.
    Und um auch ja nicht irgendwie mit der Zeit 1933-45 in Verbindung gebracht zu werden, erlässt unser toller Rechtsstaat ein Gesetz, das die Beschneidung von männlichen Babys aus religiösen Motiven heraus erlaubt. Sind ja nur „kleine Männer“, wie Sibylle Berg mal meinte. Mann, wie man mit so einem kapitalen Dachschaden Geld verdienen kann, wird mir immer ein Rätsel bleiben…

    Zurück zum Thema: Ich persönlich bin der Ansicht, dass das Christentum längst schon auf dem Stellenwert des Islams und des jüdischen Glaubens angekommen ist, wenn nicht gar in seinem Ansehen (teils aus eigener Schuld, siehe Odenwald)) unter den Level der anderen Religionen gefallen ist.

    Ich bin zwar eher der tasächlich Ungläubige und kann mit der „Gott“-Theorie nicht wirklich was anfangen, aber irgendwie finde ich das trotzdem schade…

    • Kleine Korrektur: Die Odenwaldschule ist nicht kirchlich. Sie ist eine Schule der Reformpädagogik.

      Missbrauch ist Strukturbedingt. Nicht glaubensbedingt. Wenn die Strukturen da sind, wird missbraucht. Ende der Durchsage.

      Wenn ich vom Stellenwert eines Glaubens rede, dann meine ich hier aber ganz klar: Seine Bedeutung für die Gesellschaft.

      Hier muss das Christentum eher eingestampft werden statt ausgebaut. Ethikunterricht muss Wahlfach mit der gleichen Berechtigung haben wie Religionsunterricht. Oder besser noch: Keinerlei Konfessionsschulen mehr, kein Religionsunterricht in den Schulen, dafür flächendeckend Ethikunterricht.

      Sibylle Berg brauchen wir uns nicht drüber unterhalten. Die Frau hat mal ein paar lichte Momente, das wars dann aber auch schon.

      • Das wiederum unterschreibe ich voll und ganz. Insofern war mein Beispiel „Odenwaldschule“ eher dämlich denn nützlich. Aber es gibt genügend andere Beispiele, da können wir uns (leider) nach Herzenslust bedienen…

        • Jo. Aber die Holländer haben uns ja noch getoppt. Mitbekommen?

          50.000 missbrauchte, gefolterte und vergewaltigte Kinder. 😦

  3. Der Einfluss, den die Kirche in unserer Gesellschaft und besonders in unserem Staat hat, ist mir schon lange ein Dorn im Auge. Das Problem ist einfach, dass sie sich Rechte einfordern, für die sie keine Rechtfertigung bieten. Da sind die Privilegien, die für die Säkularisierung des Kirchenbesitzes vor 200 (in Worten: ZWEIHUNDERT!!!) Jahren noch gelten, wirklich der Gipfel.

    Das ist eine einfache Enteignung. Und sowas sollte doch nun mal verjähren. Nach dem zweiten Weltkrieg gab es einen Aufstand, weil der Mord an den Juden zu verjähren drohte, aber die Enteignung der Kirchen vor JAHRHUNDERTEN verjährt nie? Das ist Doppelzüngigkeit vom Feinsten. Irgendwann sollte damit doch einfach mal Schluss sein. Und die Beträge, die in den letzten zweihundert Jahren von den jeweiligen deutschen Staaten an die Kirchen gezahlt wurden, müssten den damals entstandenen Schaden doch deutlich übersteigen. Eigentlich schulden die uns was!

    Um aufs Hauptthema zu kommen: Ich bin auch absolut der Ansicht, dass Religion Privatsache ist. In der Politik hat Religion absolut nichts verloren. Und natürlich sieht die Sache in der Realität anders aus.

    Der parlamentarische Rat hat sich damals nicht einmal die Mühe gemacht, die Trennung von Staat und Kirche selbst zu formulieren. Sie haben einfach aus der Weimarer Reichsverfassung die jeweiligen Artikel genommen und mit Copy und Paste ins Grundgesetz reingeschrieben. Kein Witz: Artikel 140 GG. Wenn man daraus den Stellenwert dieser Regelung ableiten will, kann ich nur sagen: Ein Schelm, der böses dabei denkt. Vielleicht fanden die es damals einfach nur so gut, dass sie es direkt so übernommen haben. Oder sie wollten sich Arbeit sparen, weil sie wussten, dass diese Sätze nicht die Druckerschwärze wert sind, mit denen sie gedruckt wurden.

    Im heutigen politischen Alltag haben die Kirchen nun mal einen sogar sehr hohen Stellenwert. Das sieht man nun mal an die steuerrechtlichen Privilegien, die die Kirchen genießen. Dann an die Zahlungen des Staates für die Enteignungen vor 200 Jahren. Aber auch daran, dass der Staat für die Kirchen die Kirchensteuer eintreibt. D. h. staatliche Institutionen nehmen der Kirche die Arbeit ab, die Leute auszupressen.

    Aber auch die Aussagen der Politiker lassen nicht auf eine Trennung von Staat und Kirche schließen. So oft berufen sie sich auf das westlich-christliche Wertesystem, auf dem sie stehen. Für sie ist die Kirche ein wesenticher Teil Deutschlands usw. usf. Vielleicht sehe ich es etwas eng, aber auf die Aufklärung z.B. wird sich nur selten berufen.

    Und ich muss zugeben: Ich bin Atheist. Ich bin aber nicht so verblendet, dass ich anderen ihr Recht absprechen möchte, an etwas zu glauben. Ich kann absolut akzeptieren, wenn jemand im Glauben Trost oder Bestätigung findet. Was ich aber nicht akzeptieren kann: wenn jemand versucht, anderen seinen Glauben aufzudrücken, vor allem mit unlauteren Mitteln oder wenn jemand anderen Vorschriften für die Lebensführung aufgrund religiöser Gebote aufdrücken will. Da hört bei mir die Toleranz auf. Und da ist es doch meistens so, dass dies von Menschen praktiziert wird, die ideell oder auch materiell in besonderem Maße von der Religion profitieren, wo man also daran zweifeln kann, dass derjenige dies wirklich aus den vorgegebenen selbstlosen Gründen tut. Da spielt auch viel Eigennutz und Heuchelei mit.

    • Darum ja auch das unsägliche: „Eine Ehe ist eine Verbindung zwischen Mann und Frau und darum dürfen Schwule und Lesben nicht heiraten“.

      Da drücken die Gläubigen den Atheisten IHR Verständnis von „Lifestyle“ auf. Friss oder Stirb.

      Nö. Eine Ehe ist ein Vertrag, der zwischen zwei Menschen abgeschlossen wird. Der gegenseitige Rechte und Pflichten bedingt.

      Alles andere ist religiöser, reininterpretierter Unfug.

  4. Lochkartenstanzer

    Noch wichtiger als die steuerrechtlichen Privilegien abzuschaffen, wäre es, die arbeitsyrechtlichen Privilegien abzuschaffen. Denn in vielen „kichlichen Einrichtugen“ ist moderne Sklaverei erlaubt, ohne das man sich dagegen wehren könnte, obwohl viele dieser Einrichtungen zu midenstens 90% aus Steuermitteln finanziert werden.

    • Ich stimme dir da voll und ganz zu. Ich bin nur nicht dazu gekommen, da mein Kommentar sonst noch länger geworden wäre. Meine Mutter hat mal für die Kirche gearbeitet. Dann wurde sie krank, so dass sie praktisch arbeitsunfähig wurde. Was dann kam, hat mit christlicher Nächstenliebe so überhaupt nichts zu tun. Eher ein Geschachere, wie sie dem Verein am wenigsten Geld kosten würde. Und das alles ausgerechnet auch noch im Bistum Limburg. Ein Schelm der…!

  5. ein anderer Stefan

    Thorbart: die Prügung Europas durch das Christentum seit mindestens einem Jahrtausend kann man nicht abschaffen. Den Einfluss der Institution Kirche, die nicht deckungsgleich mit dem Christentum ist, muss allerdings eingedampft werden.

    Was den Glauben angeht, geht es mir ähnlich wie Tantchen: an was irgendwer glaubt, ist mir herzlich schnurz, so lange er mich damit in Ruhe läßt und kein anderer zu Schaden kommt. Irgendwelche Privilegien sind allerdings fehl am Platz, egal ob es nun um Bevorzugung bei der Bewilligung von Steuergeldern oder um die Verbrechensverfolgung geht.

    • Anderer Stefan: Ist richtig, bin auch voll und ganz für die Eindampfung.

      Was mir mit meinem Statement am Herzen lag, war die Vermeidung einer Umkehrung. Denn es könnte der/die/das eine oder andere auf die Idee kommen, die anderen Religionen und Glaubensrichtungen politisch und monetär via Abgabe oder Religions-Soli auf die Stufe hochzuheben, auf der die katholische und evangelische Kirche unberechtigterweise schon angekommen ist. Da habe ich persönlich keine Lust zu.

      Zum Teil ist das ja schon in Arbeit (siehe z. B. Beschneidungsgesetz). Und die ersten Schulen fangen auch schon damit an, einen Islam-Unterricht einzuführen. Wobei ich das noch nicht einmal für so verkehrt halte. Denn damit entsteht vielleicht eine direkte Konkurrenz, die den Hinterhof-Predigern aus der Salafisten-Ecke das Wasser abgraben könnte. Ist aber nur eine vage Hoffnung.

      Grundsätzlich wäre es mir auch lieber, es würde keinen Religionsunterricht mehr geben, sondern stattdessen einen „Ethik“- oder „Gesellschafts“-Unterricht. Ist natürlich schwierig, denn „Ethik“ ist, von wenigen Grundsätzen mal abgesehen, eher eine subjektive Sicht der Dinge, denn was die eine soziale Gruppe als ethisch vertretbar ansieht, ist für eine andere wiederum striktes No-Go.

      PS: Ich bin übrigens ein ganz anderer Stefan, nämlich einer mit „ph“ (= Stephan) 🙂

      • Wenn ich Volker Beck richtig verstanden habe, ist es genau das, was er vorhat:

        Die anderen Religionsgemeinschaften auf den Status der evangelischen und katholischen Kirchen zu heben. Und genau hier muss man ihm Einhalt gebieten – und allen, die ihn unterstützen. Genau andersrum wird ein Schuh draus.
        Hab grad ne Diskussion mit ihm auf Twitter.

        http://www.twitlonger.com/show/n_1s27t0c

  6. Zum Thema Ehe: In Deutschland ist die staatlich anerkannte Form der Eheschließund die standesamtliche Hochzeit. Alle religiösen Hochzeiten sind schmückendes Beiwerk und für den rechtlichen Status irrelevant und das ist auch gut so.
    Ich finde es ist allerhöchste Zeit, dass Deutschland ein tatsächlich säkulares Land wird, also laizistisch. Es ist ist ein Unding, dass die Kirchensteuer, also der „Mitgliedsbeitrag“ vom Staat für die Kirchen eingesammelt wird. Es ist ein Unding, dass Religionsunterricht der christlichen Konfessionen an den Schulen im Grundgesetz verankert ist. Es ist ein Unding, dass kirchliche Würdenträger vom Staat bezahlt werden. Es ist ein Unding, dass es eine kirchliche Rechtsprechung zulasten fast rechtsloser Mitarbeiter gibt.

    Das ließe sich alles relativ leicht lösen, wenn man den an den richtigen Stellen wollte. An den Schulen nur noch Philosophieunterricht oder Ähnliches. Religiöse Bildung gibts für Christen wie bei jeder anderen religiösen Gemeinschaft in den Gemeinden, außerhalb der Schulzeit. Die christlichen Konfessionen treiben ihre Beiträge selbst ein, wie alle anderen Gemeinschaften auch. Wer für die Kirche arbeitet/ein Amt bekleidet wird von der Kirche bezahlt. Wer für die Kirche arbeitet, arbeitet nach Tarifvertrag und untersteht dem deutschen Arbeitsrecht.

    Alle diese Maßnahmen sorgen dafür, dass für alle Religionsgemeinschaften gleiche Vorraussetzungen gelten. Das sorgt garantiert nicht für die soviel beschworene Entchristianisierung des Abendlands, es sorgt nur für eine andere, eine gerechtere Art der Verwaltung. Damit wäre Religion auch aus christlicher Sicht endlich Privatsache.

    Einen weiteren progressiven Vorschlag hätte ich noch:
    Man nehme alle Feiertage von allen Bundesländern und errechne den Durchschnitt. Diese durchschnittliche Anzahl an Feiertagen wird gleichmäßig auf das Jahr verteilt. Für Christen gilt dann wie für alle anderen Glaubensgemeinschaften auch, dass das Feiern der religiösen Feste auf die arbeitsfreie Zeit, also Abends entfällt, sofern nicht ein staatlicher Feiertag oder Wochenende ist. Durch die gleichmäßige Verteilung reduziert sich die Anzahl an 5-Tage Arbeitswochen, ohne die Anzahl an freien Tagen im Jahr zu erhöhen. Damit hätten wir eine sinnvolle Verteilung der freien Tage, wodurch alle Arbeitenden gleichmäßig entlastet werden. Und gleichzeitig wäre damit auch in dieser Hinsicht die Sonderbehandlung der christlichen Konfessionen aufgehoben.

    Das mag sich alles etwas kirchenfeindlich anhören, aber mir geht es darum gleiche Verhältnisse für alle herzustellen und Begehrlichkeiten zwischen den Religionsgemeinschaften zu unterbinden.

    Was haltet ihr davon? Schieße ich mit diesen Ideen über das Ziel hinaus?

  7. ein anderer Stefan

    Dass Religionsunterricht in Schulen angeboten wird, ist vielleicht gar nicht mal so schlecht. Ich hätte mehr Bedenken, wenn da irgendein Wald- und Wiesenprediger (egal von welchem Verein) die Kinder im stillen Kämmerlein indoktriniert, als wenn das im mindestens halböffentlichen Rahmen der Schule passiert, wo andere Lehrer und auch die Schüler untereinander eine Möglichkeit zum Kontakt haben und vielleicht wenigstens ein bisschen was davon mitkriegen, wenn da einer durchdreht und Hass predigt.

    Das Problem mit der Anerkennung anderer Religionsgemeinschaften geht noch viel weiter: Wer legt fest, was eine Religionsgemeinschaft ist, und ob diese anerkennungswürdig ist? Wieviele Gruppen werden das denn? Da sind es wohl ein Dutzend christliche Richtungen, der Islam kennt ja auch verschiedene Richtungen. Und was ist mit anderen Religionen, wie Buddhismus, oder mit Sekten wie Scientology oder von mir aus auch dem fliegenden Spaghettimonster, den Jedi oder den Neodruiden? Wer befindet darüber? Und was ist mit nicht-religiösen, weltanschaulichen Gruppen, da fallen mir die Freimaurer ein? Es gehören zudem etwa 30-40% der Menschen in Deutschland keiner Religion an, werden diese durch Sonderrecht für Religionsgemeinschaften diskriminiert? Das Fass würde ich nicht aufmachen, indem ich einzelne Religionen auf den Status der beiden großen Kirchen hebe, das führt sehr wahrscheinlich zu einer Menge Ärger.

    Ergänzung: Ich habe parallel mal bei der allwissenden Müllhalde geschaut:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Religionen_in_Deutschland
    Danach sind ca. 70-80 Religionen in Deutschland vertreten, die wohl irgendwie anerkannt sind. Viel Spass, die alle offiziell anzuerkennen…

  8. Eben, deswegen richtig säkular werden. Damit fällt diese ganze Anerkennungsproblematik weg. Dann darf jeder privat glauben und praktizieren was er/sie/* will, solange es im Rahmen der Gesetze bleibt. Ganz einfach. Das Argument, mit Reliunterricht kann man wenigstens gucken, dass die Kinder nicht fies indoktriniert werden, halte ich für schwach. Werte und Moral kann man auch ohne Religion vermitteln. Die Gemeinschaften müssen halt auch bei ihrer Lehre im gesetzlichen Rahmen bleiben. Wie viele andere Gruppierungen auch. Eventuell müsste man überlegen, ob man das, was gelehrt wird irgendiwe überprüft, aber das ist mir eigentlich zu restriktiv und ich vertraue immer noch ein bisschen auf die Vernunft und Zivilcourage der Menschen gefährlichen Unfug zu unterbinden oder wenigstens zu melden.

    Jetzt fehlt nur noch eine nicht-christliche Regierung mit der Mehrheit im Parlament und dem Schneid das Ganze anzupacken und los gehts. Yay.
    *seufz*

  9. Was die vorgebliche Trennung von Staat und Kirche angeht, gibt es einen kurzen Text unter der Überschrift Präambel der Europäischen Verfassung, der deutlich macht, wie weit „wir“ von dieser Trennung entfernt sind.

  10. Berta Brahmer

    @Tante Jay says: 21/06/2014 at 13:05

    „Kleine Korrektur:“
    Nein, das sehe ich nicht so:
    Weder das Christentum noch eine andere Religion bzw. wie eine solche praktizierte Ideologie sollen „eingestampft“ werden – wozu?
    Wir wissen alle, daß dieser frei werdende Platz sofort von einer anderen Blase eingenommen wird, die ihre Chance wittert und nutzt, bis auch die wieder platzt.
    Es ist eher etwas anderes, was wohl Tante Jay auch meint und sich daher ruhig von ihrer rabiaten unsachlichen weil undemokratischen Formulierung des „Einstampfens“ der Denkmodelle anderer (fremder?!) Menschen trennen kann:
    Religionen und Ideologien sind als Privatrechte in den Rahmen der gesellschaftlichen Würdigung als zu ermöglichende private Geisteshaltungen zurück zu führen.
    Dort dürfen sie unter staatlichem (was heißt gesellschaftlichem) Schutz unter sich werkeln, solange die Interessen anderer Gesellschaftsmitglieder dadurch weder beschnitten, diskriminiert oder benachrteiligt oder regelwütig bevormundet werden.
    Dazu gehört auch deren gleichartige bzw. gleichwertige Behandlung in den davon betroffenen gesellschaftlich relevanten Fragen, die wir alle kennen:
    Trennung nicht nur von Kirche und Staat, sondern auch von Religion und Staat, was etwas völlig anderes ist, mit Beendigung aller staatlich gewährten vor allem materiellen Leistungen des Staates an diese privaten Vereinigungen und Beendigung sämtlicher kirchlicher / religiöser Einflußnahmen auf sozialrechtliche, arbeitsrechtliche und administrative und andere institutionelle Vorgänge in der öffentlichen Wirtschaft und Verwaltung,
    ausschließliche Geltung des GG und der staatlich erlassenen Gesetze und Verordnungen ohne Abschweifung für sog. „Tendenz“-Einrichtungen und -Betriebe, mit endgültiger Beendigung der Kirchenstaaterei als „Staat im Staate“.

    Unter diesen Bedingungen darf jede Religions- und Weltanschauungsvereinigung ihre (zum Ganzen kompatiblen !) Traditionen pflegen, und dann das sogar mit entsprechender staatlicher Förderung, wenn anerkannte weil überprüfte und – nicht wie jetzt einfach vorausgesetzte – Gemeinnützigkeit erwiesen ist.
    Wesentlich zur Erzielung dieses Zustandes ist die grundsätzliche vorherige Angabe der Zugehörigkeit / des Bekenntnisses zu einer Religions- bzw. Weltanschauungsgemeinschaft für alle Personen, die sich um öffentliche Ämter und Geremien bewerben, um versteckte Doppel- und Vielfachmandate für bestimmte Glaubensrichtungen und deren dadurch übergewichtigen Einfluß auf das öffentliche Leben entweder transparent öffentlich zu machen oder zu verhindern.
    Das betrifft selbstverständlich auch den gesamten Weg eines Kindes bis zum Ende seiner Ausbildung und daran Beteiligte.

    Wenn du nun das bzw. soetwas mehr satirisch als „Einstampfen“ verstehen möchtest, würde ich dir folgen.
    Aber nur, wenn das gleichzeitig so interpretiert aufgelöst wird, die Kurzfassung ohne dem halte ich allerdings auch nur für die totalitäre Variante (irgend)einer Glaubensgemeinschaft, die dabei nicht so sehr auf die demokratisch geordneten Bedingungen des unabänderlichen Nebeneinander und Zusammenlebens in einer multipolar beschaffenen Welt achten möchte.
    Sprache muß, als Kommunikation, die Fähigkeit zur Verbindung ständig neu beweisen und nicht das Gegenteil zum Standard werden lassen, da wir nirgendwo unsere geistigen Widersacher (und damit auch uns selber nicht) entsorgen können.
    Übrigens:
    Kein Kompromiß bei der geistigen und körperlichen Unversehrtheit von Kindern, sie müssen in heutiger Geselschaft von allen frühkindlich erzwungenen Missionsmarkierungen durch Erwachsene welcher Glaubenswelt auch immer bis zu ihrer eigenen Selbstbestimmungsreife verschont bleiben.
    Zuwiderhandlungen sind der gesellschaftlichen Diskussion und Aufklärung über das Grundrecht eines Menschen in jeder gegenwärtigen Demokratie zu zu führen und geeignet zu ahnden, was auch alle Handlungen der Mithilfe betreffen muß.

    Dies angefügt, kann ich die von Tante Jay hier entworfene Denkrichtung nur begrüßen.

warf folgenden Kuchen auf den Teller

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