Emotionen einer Politikerin


Wer in den Social Medias unterwegs war (vor allem Facebook), konnte es kaum übersehen: Frau Brigitte Meier, Sozialreferentin der Stadt München, hat in Berlin die Fassung verloren, als es darum ging, München zu entlasten.

Meine erste Frage, die ich mir gestellt habe war: Moment mal: Mit 7 Mio. Leuten kann München fertig werden, mit 55.000 Flüchtlingen nicht?

Aber ebenso wie immer in den Social Medias, haben „besorgte Bürger“ das Video aus dem Zusammenhang gerissen.

Zunächst einmal: Die Ansprache in Berlin (das war nicht in München) ist 14 Tage alt und galt für die Großankünfte in München. 55.000 Flüchtlinge in 10 Tagen sind in München angekommen. Was angesichts der Tatsache, dass die wenigsten sich Hotelzimmer leisten konnten und untergebracht werden mussten, eine Menge ist.

In München selber ist der Regierungsbezirk Oberbayern für die Erstaufnahme der Flüchtlinge zuständig. Die Stadt München hilft hier mit der Bereitstellung von Sammelunterkünften und nimmt die Flüchtlinge auf, die ihnen zugewiesen werden. München hat also so doppelt an den Flüchtlingen zu tragen: Als Erstaufnahmelager und als endgültiges Ziel derer, die zugewiesen wurden.

Entlastet wurde München von dieser Verantwortung eher nicht. Dafür wurden aber, als der Flüchtlingszustrom stärker wurde, sämtliche Hilfsorganisationen einbezogen, die inzwischen auch am Rand der Leistungsfähigkeit laufen.

Das „Drehkreuz“ was Frau Meier forderte, waren weitere Verteilzentren. Zum Zeitpunkt ihrer Brandrede hatte Frau Meier folgendes Szenario vor Augen:

– 7 Mio. Wies’n-Besucher, die den Bahnhof füllen. Der Bahnhof und die U-Bahn-Stationen wie der gesamte Öffentliche Nahverkehr sind zur Wies’n-Zeit an der Kapazitätsgrenze. Würde die Wies’n noch weiter wachsen, hätte München ein ernsthaftes Problem.

– Zusätzlich hierzu die Ankunft der Flüchtlinge in unbekannter Zahl, aber deutlich über Zehntausend.

Das ist an der Stelle kein Nullsummenspiel. Es ist nicht so, als ob die Flüchtlingszüge am Bahnhof halten und die Leute dann unter den Münchner Reisenden verschwinden. Für die Ankunft eines Flüchtlingszuges bzw. der Kolonne mehrerer Züge, muss 1/3 des Bahnhofs abgesperrt werden, die Flüchtlinge werden dann in Bussen zu den Sammelunterkünften gefahren.

Das zur Wies’n-Zeit, mit dem Personenandrang, der kaum zu bewältigen ist, hätte den Druck weiter erhöht. Ich war vor Jahren mal auf dem Oktoberfest: Die Masse der Menschen ist unfassbar, das Gedränge auf den Bahnsteigen unglaublich.

Erhöht man den Druck, weil Teile des Bahnhofes abgesperrt werden: Das Szenario mag ich mir nicht ausmalen.

Frau Meier *hat* es sich ausgemalt und offensichtlich ein zweites Duisburg kommen sehen. Es gibt viele Nadelöhre, die für die Menschen gefährlich werden, Tunnel, Unterführungen, Treppenaufgänge. Wenn die Masse einmal läuft, bleibt sie nicht stehen und drängt vorwärts. Ein gestürzter Mensch kann dann die Katastrophe bedeuten. Frau Meier hat hier zu Recht Angst gehabt. Herr Seehofer übrigens auch.

Das Drehkreuz, was sie vehement gefordert hat, waren weitere Erstaufnahmestationen und Verteilzentren, die München offenbar lange versprochen wurden. Eingehalten wurde davon nichts und es sah auch nicht danach aus, als hätte irgendwer große Lust, da die Versprechen einzuhalten. Frau Meier war zum Zeitpunkt, als sie die Rede gehalten hat, mit Fug und Recht verzweifelt.

Die Brandrede war zum Teil erfolgreich. Die Züge werden jetzt nach Passau, Simbach, Freilassing, Rosenheim und andere Städte umgeleitet und meiden während der Wies’n München.Nachfolgend die Stellungnahme von Frau Meier zu dem Video, dass in den Social Medias verbreitet wird. Und dass mitnichten die Rechte Haltung stärkt, dass zuviele Flüchtlinge kommen. Es ist die besondere Situation Münchens und des Oktoberfestes, die die Rede ausgelöst hat.

Mit ihrem emotionalen Weckruf auf der kommunalpolitischen Konferenz der SPD-Bundestagsfraktion am 15. September 2015 in Berlin wollte
Sozialreferentin Brigitte Meier deutlich machen, wie angespannt die Lage am Münchner Hauptbahnhof zum damaligen Zeitpunkt war.

Sie forderte im Kern weitere Verteilzentren außerhalb Bayerns und die Verteilung der Flüchtlinge nach dem Königsteiner Schlüssel, damit München entlastet werde – insbesondere während des Oktoberfestes mit seinen erwarteten 7 Millionen Besuchern.

Seit vergangener Woche werden nunmehr Züge um München herum umgeleitet. Die geforderten Verteilzentren sind bisher nicht in Betrieb. „Die Umleitung der Züge an München vorbei entlastet uns während des Oktoberfestes, man darf Freilassing, Simbach, Passau oder Rosenheim und andere Städte in Deutschland aber nicht alleine lassen, wie zuvor
München. Die Grenzkontrollen verschafften München eine Atempause, lösten aber das Problem nicht ursächlich. Es braucht sofort zwei weitere Verteilzentren und die konsequente Anwendung des Königsteiner Schlüssels“, fordert Meier erneut.

Brigitte Meier ist entsetzt darüber, dass ihr Redebeitrag im Internet zum Teil von Rechtsextremisten und Menschen mit ausländerfeindlicher Gesinnung instrumentalisiert und missbraucht wird, um gegen Flüchtlinge und die Willkommenskultur zu hetzen.

„Es zeigt sich bedauerlicherweise wieder einmal, wie in der Anonymität des Internets eine gut vernetzte Schar von Rechtsextremisten und Menschen mit ausländerfeindlicher Gesinnung propagandistische Hetzparolen ungehindert verbreiten können“, so Meier. Die Sozialreferentin fordert daher von den sozialen Netzwerken und
zuständigen Behörden, gegen die Verbreitung von Hetzparolen im Internet konsequent mit allen Mitteln des Rechtes vorzugehen.

Die große Resonanz auf ihren Weckruf in den sozialen Netzwerken belege erneut den enormen Diskussionsbedarf zu diesem Thema. Ängste und Sorgen
vieler Menschen müsse die Politik sehr ernst nehmen. Man könne diese durch verstärkte Aufklärung, mehr Begegnungsstätten und nachhaltige
Integrationsprojekte abbauen. Wichtig für den Zusammenhalt in der Gesellschaft sei  die Integration der Flüchtlinge in die Stadtgesellschaft. Schlüssel hierfür seien Sprache und Arbeit. Hierzu plant das Sozialreferat den Ausbau bestehender und Start neuer Integrationsprojekte. Stadt und Bundesagentur arbeiten mit Hochdruck
daran, das Jobcenter für die neuen Anforderungen vorzubereiten.

Siehe hierzu auch die Süddeutsche Zeitung.

Veröffentlicht am 23. September 2015, in Innenpolitisches, politisches. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 17 Kommentare.

  1. Am Bahnhof hat man viele Menschen gesehen die gejubelt und gefeiert haben als die Züge ankamen. Mal sehen wann herauskommt das die Freude ein Fake war. In Thüringen werden schon lange Jubelperser bezahlt. Mal sehen ob das nicht woanders auch schon praktiziert wurde. http://sciencefiles.org/2015/09/24/kaeufliche-demonstranten-41-26320-euro-vom-land-thueringen-fuer-die-richtige-gesinnung/#comments

    • Toller Artikel. Nicht.

      Das sind keine „Jubelperser“ oder „bezahlte Kräfte“. Es gibt ganz normale Fördertöpfe für sowas und die sind auch genau für sowas gedacht.

      Wo ist hier das Problem? Das mal die Förderkohle nicht an Nazis geht, damit die weiter in Ruhe morden können?

      Verlass dich auf die AfD dass die das so rumdreht. Steff – ich bin gerade was diese Dinger angeht, nicht sonderlich gut gelaunt und wirklich wirklich am Rande meiner Toleranzgrenze.

      Die letzten Tage waren alles andere als schön und hier in meinem Blog ist gerade der Platz wo ich mit dem AfD- und Pegida-Pack NICHT umgehen will.

    • Da hat Tante Jay aber sauber recherchiert, und sehr sachlich.
      Aber was reißt mit
      @ SteffKo says: 24/09/2015 at 22:12
      nun hier ein:
      Propaganda für Rechtsextremisten hier im blog mit dieser Verlinkung zu sciencefiles.org ?
      @Steffko als (bezahlter?) Auftragsschreiber für Neue Rechte?

      Selbst wenn Steffko diesen Quatsch (aus seinem Link) belegen könnte:
      „Die Landesregierung Thüringen hat Demonstranten dafür bezahlt, dass sie gegen Rechte demonstrieren.“
      wäre das doch eine sehr sinnvolle Zukunftsinvestition von Steuergeldern, oder etwa nicht?

        • ein anderer Stefan

          Gewalt ist nicht akzeptabel, keine Frage. Gewalttäter, egal wo ihre Motive liegen, gehören bestraft. Die Eskalationen in Leipzig müssen unterbunden werden. Gewalttätiger Extremismus, gleich welcher Ausrichtung, ist eine Gefahr für eine freiheitliche Gesellschaft.

          So lange wir aber Geheimdienste haben, die ihren V-Leuten in der rechtsextremen Szene vor dem NSU-Untersuchungsausschuss bescheinigen, sie hätten beim Aufbau des „Blood & Honour“- Netzwerks „gute Arbeit“ geleistet, liegt das größere Problem in diesem Land eher nicht im Linksextremismus. Wieviele Tote sind alleine durch die NSU zu beklagen? Rechte Progrome in den 90ern? Und wie ich neulich gelesen habe, finden sich in den Stasi-Akten hunderte rechtsextreme Vorfälle mit mindestens einem Dutzend Toten in der DDR. Ich bin der letzte, der Gewalt gutheißt oder Gewalttäter verteidigt, egal aus welchem Spektrum. Aber das weit größere Problem hierzulande ist der Rechtsextremismus, der derzeit gerade wieder mächtig an Fahrt gewinnt, und die damit einhergehende Gewalt. Natürlich muss man die Linksextremisten auch im Blick behalten.

          • Ich zitiere mal aus der polizeilichen Kriminalstatistik Zahlen zur politisch motivierten Gewalt für das Jahr 2014, vorgestellt am 06.05.2015:

            „Zahl der rechtsmotivierten Gewalttaten: 1029
            Zahl der linksmotivierten Gewalttaten: 1664
            40 % der Körperverletzungen entfallen auf PMK rechts
            40 % der Körperverletzungen entfallen auf PMK links
            Versuchte Tötungsdelikte PMK rechts: 1
            Versuchte Tötungsdelikte PMK links: 7
            Todesopfer PMK rechts: 0
            Todesopfer PMK links: 1“

            http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2015/05/pks-und-pmk-2014.html

            • Hm. Und das hat mit dem Artikel jetzt genau was zu tun?

              • Es hat etwas mit dem vorigen Kommentar zu tun:

                „Aber das weit größere Problem hierzulande ist der Rechtsextremismus, der derzeit gerade wieder mächtig an Fahrt gewinnt, und die damit einhergehende Gewalt.“

              • Ja, Statistiken, wenn man sich auf etwas verlassen kann, dann auf Statistiken.

                😉

                Is wie mit der Arbeitslosenstatistik, alles geschöntes Zahlenwerk.

                Wobei ich gewaltsamen Extremismus, egal aus welcher Ecke, auf Tiefste verabscheue.
                Ob unbedingt der Rechtsextremismus unser größtes Problem ist, wage ich aber auch zu bezweifeln.

              • Wie verbesserst du immer so schön die anderen?
                Ist schreibt man ist und nicht is…

              • Langweilig? Nicht langweiliger als dein Blog…

              • @SteffKo: Brauchste ja nich zu lesen!

  2. ein anderer Stefan

    Die Website weckt Vertrauen. Ich finde kein Impressum, Registrar ist domainsbyproxy.com aus Arizona. Dahinter stehen offenbar Michael Klein und Dr. Heike Dieffenbach. Die beiden haben sich offenbar dieses „Experiment“ ausgedacht: http://www.heise.de/tp/artikel/39/39025/1.html Seriosität sieht meines Erachtens anders aus.

    Bei der anderen Website, textconsulting.net, beschleicht mich das Gefühl, dass die mit ihrer „Beratung“ (auch von Studenten) eher so Guttenbergsche Dienstleistungen anbieten.

  3. @JointSoft
    –@SteffKo: Brauchste ja nich zu lesen!—

    Ne den Blog habe ich nicht gelesen. Nur kurz überflogen. Hab nix interessantes gefunden. Ein Text der erklärt warum der Schreiber sich bei WoW abmeldet reißt mich nicht gerade vom Hocker und animiert mich mehr zu lesen. Aber ist schon mutig solche Belanglosigkeiten der Öffentlichkeit vorzustellen. Oder der Schreiber ist so von sich eingenommen, daß er denkt so etwas interessiert fremde Menschen.

warf folgenden Kuchen auf den Teller

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