Erinnerungen
Es war Sommersonnenwende. Die kürzeste Nacht des Jahres.
Meine mittlere Schwester und ich saßen im Auto. Wir waren auf dem Weg zur Küste. Es war Mitternacht, doch wir waren schon so hoch, das wir nach wie vor den schmalen erleuchteten Rand gesehen haben, die Sonne ist geht in dieser Nacht nicht völlig unter.
Wir sprachen nicht viel. Es war uns nicht danach. Ab und an ein paar Worte, kurze Erinnerungsfetzen, ansonsten Stille. Ich hielt die Hand, die sie bei der stetigen Autofahrt nicht fürs Schalten benötigte. Wir beide brauchten das.
Wir waren auf dem Weg zu meinem Großvater. Er war der letzte seiner Generation. Ich hatte nachmittags desselben Tages noch mit ihm gesprochen, es war sein letztes Telefonat. Wir wussten, das es nicht mehr lange dauerte, er war schwer herzkrank und hatte eigentlich seit dem Tod meiner Großmutter den Lebensmut verloren.
In dieser Nacht fuhren wir zum letzten mal in das Haus, dass ich als Kind so oft besucht habe. Denn mein Großvater war gestorben.
Leise Musik dudelte aus dem Radio. Wir beide hörten nur halbherzig zu. Doch dann kam ein bestimmter Song und meine Schwester fuhr auf den nächsten Parkplatz und wir beide lage uns in den Armen und weinten, trauerten auch um das Ende einer Kindheit.
Weder die Nacht noch die Fahrt werde ich je vergessen. Und jedesmal, wenn ich das Lied höre, muss ich an diese Fahrt denken. Lange ist es her. Doch manche Dinge vergisst man nie.
Veröffentlicht am 30. Oktober 2013, in Persönliches. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 2 Kommentare.
*sniff*
Also ehrlich, dieser Song ist recht „mittelmäßig“, hat meine Gitarrenschüler, diejenigen, die nicht viel mehr wollten oder konnten, viel zu oft gequält. 5 Schüler in grausamen Gruppenunterricht versuchen dieses Lied zu „singen“ und zu „spielen“. Ein echter Horror und didaktisch mehr als fragwürdig.
Nun aber hat dieser Song eine weitere Bedeutung. Songs beeinflussen uns – besonders die einfachen Songs. Und deshalb ist es Recht so und meine Wertung fragwürdig.
Ich würde es so formulieren: Dein Großvater dürfte zufrieden mit seinen Enkelinnen, sowohl mit ihrer Erinnerung als auch mit der Formulierung oben, sein. Dein Großvater nimmt nun an einem ultimativem Konzert, wir „sprachen“ darüber letztlich, teil. In einer magischen Form ist er ganz sicher präsent, beeinflusst Euer Leben bis heute genau so, wie in der Zukunft. Wenigstens wenn dieser Song läuft, wird das ganz offensichtlich.
Ganz egal, ob das logisch ist, ob es dem Verstand von heute entspricht, es ist eine Wahrheit, eine unzulässig vereinfachte Wahrheit, ganz wie dieser Song, doch immer noch eine Wahrheit. Das ist der Stoff für Geschichten (hint) und damit eine Botschaft. Wenn ich das erklären würde, dann wäre die Magie dahin. Frag‘ mich also nicht. Frag‘ Deinen Großvater, erhalte die Magie und schreib es auf.
Ja, das würde ich wirklich vorschlagen. Schreib!