United Kingdom
Wohl eher nicht mehr. Wie es aussieht, will Schottland ernst machen. Am 24. März 2016 will Schottland als eigenständiges Land die Unabhängigkeit von England erklären. 270 Jahre nach der Schlacht von Culloden und der Niederschlagung des Jakobitenaufstandes.
Das Referendum ist für den 18. September 2014 geplant und die schottische Regierung hat ein Weißbuch vorgestellt, wie eine unabhängige Regierung aussehen könnte. Ganz unabhängig wäre Schottland nicht, vor allem die Währungsunion würde Edinburgh weiter an den Bankplatz London binden.
Dabei wäre doch genau das der beste Grund, aus dem Bund auszusteigen. Ein eigener Geheimdienst – natürlich. Sonst fühlt man sich ja nicht als Regierung. Und Militär. 15.000 Mann, aber immerhin, eigenes Militär. Was die mit den 15.000 Figuren machen wollen, keine Ahnung. Vielleicht Balmoral bewachen.
Und die Queen soll weiterhin Oberhaupt bleiben. Ganz ehrlich? Für dieses „Weißbuch“ hätten die damaligen Jakobiten die schottische Regierung am höchsten Baum aufgeknüpft.
Schottland war eigentlich nie richtig zuhause im britischen Staatenbund, der die Oberhoheit über Schottland bereits kurz nach der Invasion durch Wilhelm den Eroberer beanspruchte. Die Schotten sind ziemlich stur und haben ihren eigenen Kopf und sehen sich erstmalig einem äußerst schwachen Ministerpräsidenten in London gegenüber, der nur hilflos rumrudert und nicht wirklich in der Lage ist, eine klare politische Linie außer „I wanna“ vorzugeben.
In Edinburgh sitzen hingegen gerade Leute, die genau wissen, was sie wollen: Ein eigenes Schottland, unabhängig, damit es, wenn Großbritannien den Bach runtergeht, nicht mitgerissen wird. Denn dass Großbritannien irgendwann platzt ist abzusehen. Man kann ein Land nicht nur aufgrund der Erlöse eines einzigen Bankplatzes finanzieren und die gesamte Peripherie einfach verrotten lassen. Das geht eine Weile gut, aber die Briten machen das auch schon eine Weile.
Die Schotten sehen das. Und die sehen ihr eigenes Land. Und die wollen weg vom Moloch London. Die Währungsunion ist imho ein Zugeständnis an London, um dort die Ängste etwas abzumildern.
Eine künftige Anbindung an die EU muss dann neu verhandelt werden. Schottland wird nicht einfach in die bestehenden Verträge eintreten können, es ist ein neuer Nationalstaat, der eigene Verträge braucht.
Doch so oder so:
Das britische Commonwealth zerfällt. Es ist auch nur noch eine Frage der Zeit, wann andere Länder ausscheren.
Veröffentlicht am 26. November 2013, in Außenpolitisches, politisches. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 7 Kommentare.
Wird Schottland dann in das Commonwealth eintreten, inklusive dem Windsor-Thron als repräsentatives „Staatsoberhaupt“ wie es auch bei Canada und Australien ist?
Ganz anderes Problem wird sicherlich die Krankenversicherungsgeschichte.
Gilt der NHS auch für das fremde Schottland?
Machen die Schotten ein eigenes NHS oder wirkt der bestehende NHS auch über die Grenzen hinweg?
Oder dreht dann Schottland seine komplett eigene Wurst?
Nicht-Beitritt zu Schengen bzw. Schengenähnlich wie UK ist natürlich doof. Wenn die neue Armee (und Air Force und Navy? Die Ausrüstung gibts auch nicht für ’nen Appel und n Ei) gleich Grenzkontrollen aufsetzt und der kleine Grenzverkehr und Pendler dann erstmal an der Grenze angehalten und kontrolliert werden.
Fragen über Fragen
Das sind derzeit Detailfragen. Wichtig ist den Schotten aktuell offenbar erstmal, die Ängste in London zu beschwichtigen.
Denn eins ist doch auch klar: Cameron will ganz sicher nicht in die Geschichte eingehen als der Primeminister, der den britischen Union Jack gesprengt hat.
Wenn die Queen Staatsoberhaupt bleibt, denke ich schon, dass die Schotten im Commonwealth of Nations bleiben werden.
Grundsätzlich ist diese Sache mit der Unabhängigkeit eine nette Idee, ganz durchdacht scheint sie aber nicht zu sein; und so gaaaanz unabhängig wollen die Schotten allem Anschein auch nicht werden, sonst wären ihre Abnabelungsansätze radikaler.
Es ist aber ein schöner Tritt in das Hinterteil der Engländer 😀
Vor einigen Wochen auf einer Konferenz hat sich ein Session Chair eine blutige Nase geholt, als er einen Schotten und eine Waliserin als „Und nun zwei britische Vorträge“ angekündigt hat… o.O 😀 Wobei auch die Leute aus London darauf bestanden, als „Engländer“ angekündigt zu werden 😉
So gesehen scheint da schon länger kein echtes Nationalgefühl mehr zu sein. Wenn es das jemals wirklich gab.
Ich würde sagen: Das gabe es nie. Wales und Großbritannien vielleicht noch.
Aber die Schotten haben Culloden eigentlich nie verwunden und tragen den Briten bis heute noch das Highland-Gemetzel nach der Niederschlagung der Jakobiten nach. „Loch Lomond“ soll damals entstanden sein. „High Road“ war der Weg in die Freiheit, „Low Road“ der Weg zum Henker.
Und die Iren? Die gerade den Bürgerkrieg hinter sich haben? Die sind ein ganz eigenes Volk und waren eigentlich nie „britisch“ sondern immer „irisch“. Ich wage mal die Vorhersage: Wenn die Schotten die Abspaltung wirklich durchziehen, schließen sich Nord-Irland und die Republik Irland wieder zusammen.
Doch, gibts es. Die Leute fühlen sich als Waliser, Schotten Engländer und Iren. Wenn, dann gab es nie ein „britisches“ Nationalgefühl.
Das passt zu den Tendenzen, die momentan vielerorts zu beobachten sind. Viele Staaten haben ihre heutige Gestalt eher aus historischen Zufällen heraus erhalten, und mit der Zunahme der Bedeutung der Globalisierung und für Europa der europäischen Union werden die regionalen Unterschiede und Identitäten wieder wichtiger. Katalonien, der drohende Zerfall Belgiens, von den Staaten Ex-Jugoslawiens mal ganz zu schweigen, wo es auch noch andere Gründe hat. In Italien hat es eher einen wirtschaftlichen und auch rechtspopulistischen Hintergrund (Lega Nord).
Ich meine auch in den USA solche Strömungen zu erkennen.